Aufruf zur weltweiten Gründung von Gemeinschaften im Kampf für ein freies, authentisches menschliches Leben.
Wir haben den Menschen zur Schande der Menschheit gemacht.
Von den frühesten Zeiten bis heute hat keine Gesellschaft diesen Grad an Unwürdigkeit und Niedertracht erreicht, den jene agro-kommerzielle Zivilisation bezeugt, die seit zehntausend Jahren als die Zivilisation par excellence gilt.
Es ist unbestreitbar, dass wir als Transhominier sowohl den Raubtierinstinkt als auch den Instinkt zu gegenseitiger Hilfe geerbt haben. Diese Instinkte machen unseren verbliebenen animalischen Anteil aus. Doch während das Bewusstsein einer verschmelzenden Solidarität unsere fortschreitende Humanisierung förderte, entwickelte die räuberische Aggression in uns eine Tendenz zur Selbstzerstörung. Ist das so schwer zu verstehen?
Das Erscheinen einer Wirtschaft, die das Leben der Arbeit, der Macht und dem Profit opferte, bedeutete einen Bruch mit dem Egalitarismus und der symbiotischen Entwicklung der vor-bäuerlichen Zivilisationen. Ackerbau und Viehzucht haben den Raubtierinstinkt auf Kosten eines Lebenstriebs begünstigt, der nie aufgegeben hat, seine usurpierte Souveränität wiederherzustellen.
Aneignung, Wettbewerb und Konkurrenz gefallen sich darin, das “zivilisierte Raubtier” zu verherrlichen, dessen geistige Sublimierung als Legitimation für ihre Unternehmungen dient. In seiner emblematischen Form vermittelt der Löwe den Eindruck, dass es natürlich ist, ihn zu jagen und die Tiere zu unterdrücken.
Was sich so in der Tat durchsetzt, ist die Entstellung des Menschen. Unter den unbarmherzigsten Fleischfressern sucht man vergeblich nach einer so bewussten Grausamkeit, einer so erfinderischen Wildheit wie der, die von Justiz, Religion, Ideologie, Imperium, Staat und Bürokratie ausgeübt wird.
Man muss sich das Grinsen der Waffenhändler anschauen, wenn ihre Waren (Verkaufsprodukte) Frauen, Kinder, Männer, Tiere, Wälder und Landschaften zerfetzen. “Im Krieg sein ist im Krieg sein”, nicht wahr?
Der Profit hat den Zynismus der vollendeten Tatsachen. Er verschweigt uns nichts von diesen Restaurants ohne Herz, (bezieht sich auf die Initiative der Restos du coeur, die Nahrung und Kleidung an Bedürftige verteilt, Anm. der ÜS) in denen sich Damen und Herren gütlich tun, während ihre Luxusschuhe von Blut und Exkrementen triefen.
Warum sollte man sich daran stören, solange die vorformatierte öffentliche Meinung für die eine oder andere Kriegspartei Stellung bezieht, als handele es sich um ein Fußballspiel zwischen Russland, der Ukraine, Israel und Palästina? Es werden Wetten abgeschlossen und die Jubelrufe der Zuschauer übertönen die Schreie der massakrierten Massen.
Uns darauf zu beschränken, eine schmutzige Zivilisation zu verleugnen, hindert sie nicht daran, fortzubestehen, solange wir zulassen, dass die Gesetze der finanziellen Raffgier unsere Denaturierung orchestrieren, unsere Apathie rhythmisieren und unsere Frustrationen mit den Explosionen eines blinden und mörderischen Hasses untermalen. Den Vorwurf zur Schuld hinzufügen? Wozu soll das gut sein? Das würde nur dazu führen, eine persönliche Schuld zu verfestigen, die sich verscheuchen lässt, indem man andere für schuldig erklärt. Der Raubtierreflex käme wieder auf seine Kosten.
An die breite Masse gerichtete Ermahnungen geraten in doppelter Hinsicht in Verruf: Einerseits setzen militante Parolen und Anreize den alten Motor der Macht wieder in Gang, wo der Radikalismus schnell die Radikalität der gelebten Erfahrung behindert; andererseits wird das, was auf dem Podium der Allgemeinheit verbreitet werden soll, leicht im Sammelsurium der lebensfernen Ideen verwässert.
Es sei denn, eine Leserin oder ein Leser entdeckt darin die Gelegenheit zu einem intimen Dialog mit sich selbst. Mit anderen Worten, wenn beide aus der Quelle des menschlichen Bewusstseins in sich selbst trinken.
Anstatt an die breite Masse wende ich mich daher lieber direkt an das autonome Individuum. Denn jenes weiß, dass meine einzige Absicht ist, ihm meine Sichtweise in einer brüderlichen Debatte anzuvertrauen, in der man sich nicht kennen muss, um sich wiederzuerkennen.
Gibt es einen besseren Garanten für das Erwachen des Bewusstseins als die gegenseitige Hilfe? Es ist kein Zufall, dass sie in dem Maße spontan wieder auflebt, in dem das Raubtier nicht mehr verbergen kann, dass es sich selbst verschlingt und seine Selbstzerstörung rentabel macht.
Der Bankrott des Habens verbreitet eine Langeweile, die schlimmer ist als der Tod, dessen Gespenst sie unaufhörlich heraufbeschwört. Und siehe da, der Atem des Lebens rehabilitiert das Sein. Das Subjekt emanzipiert sich vom Objekt, es befreit sich vom Ding, auf das es durch die Verdinglichung reduziert wurde. Ist es nicht das, was der Spruch “Mann und Frau sind keine Waren” impliziert?
Der vom Mann beanspruchte Teil der Weiblichkeit und der von der Frau beanspruchte Teil der Männlichkeit ändern daran nichts. In dem Moment, in dem wir dem Kind die Verwüstungen einer räuberischen Erziehung ersparen, müssen wir nur noch seiner spontanen Radikalität überlassen, es zu seiner Bestimmung als menschliches Wesen zu erwecken.
Es bedarf keiner Propheten, um zu ahnen, dass das, was sich ankündigt, entweder der Triumph des Dummkopfs sein wird, dem der Knüppel als Gedanke dient, oder der Ausbruch eines Lebens, das das Bewusstsein für die Souveränität wiedergewinnt, die auszuüben an der eigenen Menschlichkeit liegt.
Die Bequemlichkeit des Faschismus und des Antifaschismus besteht darin, dass sie den wahren Endkampf verschleiern: den Kampf, der untrennbar existenziell und sozial ist und die Ausrottung des Raubbaus, das Verschwinden der hierarchischen Macht und das Ende der Befehlsempfänger enthält.
Der Zynismus und die lukrative Absurdität der Kriege, die von staatlichen und globalen Mafias angezettelt werden, haben selbst die stumpfsinnigsten ihrer Unterstützer ermüdet. Die Abfolge von Konflikten, die sozusagen austauschbar sind, veranlasst die “öffentliche” Meinung dazu, sich allmählich von den geopolitischen Ränkespielen abzuwenden.
Hier und jetzt zeigen das Auftreten des Mai 1968, der Zapatisten, der Gelbwesten, der Kämpferinnen und Kämpfer von Rojava dem Leben und seinem Bewusstsein einen Weg auf, den die historische Entgleisung der agro-kommerziellen Zivilisation versperrt und in den Tod geführt hatte.
Auf nichts zu hoffen, bedeutet nicht, an allem zu verzweifeln. Die Rückkehr zum Leben ist eine gewalttätige, natürliche und spontane Reaktion. Sie besitzt die Kraft, die Verödung der Erde, aus der der Profit seine letzten Ressourcen zieht, zu ruinieren. Die Rückkehr zum Leben, zu seiner Authentizität, zu seinem Bewusstsein ist unsere wahre immunologische Selbstverteidigung. Da die Denaturierung im Namen des Profits behindert wird, warum sollten wir nicht auf die in uns und um uns herum vorhandene Natur setzen, um einer hasserfüllten Zivilisation ein Ende zu setzen? Wie soll das gehen? Stellen Sie diese Frage nicht mir, sondern sich selbst, die Sie jeden Moment zwischen Lethargie und Revolte hin- und herpendeln!
Überall vermischen und vervielfachen sich die Signale der Not und des Jubels. Lassen Sie sich nicht täuschen! Die wütende Ablehnung eines Krieges gegen ein bestimmtes Land – in diesem Fall Palästina – geht weit über eine einzelne Enttäuschung hinaus. Sie drückt immer deutlicher die Abscheu vor einem Krieg aus, der nicht nur gegen die Bevölkerung einer Region, sondern gegen die Menschen in allen Teilen der Erde geführt wird. Diese haben verstanden, für die totalitäre Gier ist das Leben ein Verbrechen. Aus diesem Grund sind die neuen globalen Aufstände Teil der Selbstverteidigung des Lebens. In ihnen verkörpert sich sowohl der Wille, ein Universum von Psychopathen, die den Tod zu Geld machen, abzuschaffen, als auch die Umsetzung eines neuen Bündnisses mit der nährenden Natur.
Dies war der eine Krieg zu viel, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nicht für die staatlichen und überstaatlichen Rüstungslobbys, nicht für die Produzenten von Narko-Neuroleptika, sondern für jeden, der nicht bereit ist, vorzeitig zu sterben, indem er sich der Partei der freiwilligen Knechtschaft und des Viva la muerte anschließt!
Das Problem liegt vor allem in den Zweifeln, der Verzweiflung und den Enttäuschungen, mit der die Parteinahme für das Leben von Generation zu Generation zusammenstösst.
Wäre es nicht absurd, etwas von Regierungsbehörden zu erwarten, die für uns entscheiden und uns mit ihren Dekreten belästigen, von denen eines lächerlicher als das andere ist?
Inmitten der Düsternis der Zeit haben wir wenigstens das Vergnügen, vor unseren Augen die Götter schrumpfen zu sehen, diese Betrüger, die zehntausend Jahre lang die Fähigkeit, zu erschaffen und sich selbst zu erschaffen, an sich gerissen haben, während das Leben in seiner wilden Fruchtbarkeit sie der menschlichen Spezies allein verliehen hatte.
Die Zeit ist gekommen, um unser Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen. Die Zeit ist gekommen, die Welt zu verändern und zu dem zu werden, was wir sein wollen: nicht die Besitzer
eines unfruchtbaren Universums, sondern die Bewohner einer Erde, die wir frei genießen können, wenn wir sie im Überfluss bewirtschaften. Genug von dieser verkehrten Welt, in der der Profit sich selbst verarmt, indem er seine Ressourcen verarmt! Möge das Verschwinden schädlicher Energien das Wasser, die Luft, den Boden und die Erde entgiften, sodass unser kreativer Einfallsreichtum die Erinnerung an diese unglückliche Verirrung unserer Evolution auslöscht!
In der Intensität einer Sehnsucht erwacht die Gegenwart zur Gegenwart eines Lebens, das sich nicht darum kümmert, gemessen oder programmiert zu werden. Die Freude am Leben führt in die Kunst der Harmonisierung, denn sie trägt die spezifisch menschliche Fähigkeit in sich, zu erschaffen und sich selbst zu erschaffen.
Die Aneignung des Bodens und die Viehzucht hatten einen Herdentrieb ausgelöst, bei dem die Intelligenz des Einzelnen auf die des Viehs, das er zu ernähren hatte, reduziert wurde. Was sich heute abzeichnet, ist ein Wiederaufleben des autonomen Individuums, das sich vom Individualismus und seinem entfremdeten Bewusstsein befreit.
Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Geschichte, an dem die Entwicklung eines Lebensstils das zur Arbeit verurteilte Überleben und eine Existenz, die der Behaglichkeit der Palliativpflege gewidmet ist, verdrängen wird.
Das Bewusstsein, das von unseren Lebenstrieben ausströmt, bringt den unaufhörlichen Konflikt zwischen einer Lebens- und einer Todesperspektive ans Licht, zwischen der Anziehungskraft unserer Wünsche, die von unserer empfindsamen Intelligenz erleuchtet werden, und der Macht, die die intellektuelle Intelligenz gegen sie ausübt. Denn die Blockierung unserer Emotionen durch das, was Wilhelm Reich den Charakterpanzer nennt, gehorcht den Imperativen einer mechanischen Effizienz, zu der der arbeitende Körper verpflichtet ist. Wenn die Freude an der Unentgeltlichkeit des Lebendigen keinen Platz in der totalitären Gier hat, dann bedeutet das auch, dass die Wiederherstellung der Lebensfreude, die Entwicklung eines festlichen Kampfgeistes und die Stärkung der Unschuld des Lebendigen, die Herren und Sklaven gleichermaßen ignoriert, Waffen sind, die den Untergang des Profits herbeiführen können.
Wir befinden uns in einem spannenden Kampf. Er markiert die Wiedergeburt unseres menschlichen Bewusstseins. In ihm drückt sich das Wiederaufleben einer Würde aus, die immer im Mittelpunkt unserer Befreiungsversuche stand, insbesondere im proletarischen Projekt einer klassenlosen Gesellschaft. Wir haben gesehen, wie das Proletariat von denjenigen, die sich für dieses Projekt einsetzten, enteignet wurde. Es wäre besser, von Anfang an jede Form von Macht auszurotten – sei es die des Bürgermeisters, der Staatsbeamter ist, oder die des Aktivisten, der Beamter der Ideologie und der Protestbürokratie ist.
Unter den selbsternannten Sprechern des Volkes lassen sich leicht jene Manipulatoren ausmachen, die danach streben, die Autorität des Staates durch ihre eigene zu ersetzen.
Ist das nicht ein heilsamer Vorsatz, sich alles zu wünschen, ohne etwas zu erwarten? Damit meine ich, sich auf unsere Lebensimpulse zu verlassen, nicht als Fatalität, sondern als kreative Präsenz, mit der wir die Freiheit haben, zu experimentieren, indem wir ihre Überlastung verhindern, und wir eine tödliche Umkehrung vermeiden die emotionale Plagen erzeugt.
Wir haben unterschätzt, wie wichtig es ist, die Wut zu verfeinern, um die Falle der Dringlichkeit zu vermeiden, uns nicht auf das Terrain des Feindes ziehen und nicht von der Militarisierung des Militarismus übermannen zu lassen. Hauptsächlich aber ist die Distanz, die die Verfeinerung der Emotionen mit sich bringt, ein günstiger Ort für die Reifung der Kreativität. Sie begünstigt einen Guerillakrieg, der auf andere Waffen als die, die töten und unerschöpflich sind, zurückgreifen muss.
Im Laufe der Jahrhunderte wird man feststellen, dass das Erwachen des Bewusstseins einen Kampf wiederbelebt hat, den die Wiederbelebung der gegenseitigen Hilfe nach und nach aus den Nebeln der Verwirrung befreit.
Für künftige Generationen wird es unvorstellbar sein, dass wir so lange gebraucht haben, um zu erkennen, dass das Leben Mann und Frau mit einer außergewöhnlichen Fähigkeit ausgestattet hat, ohne die sie nicht über das Stadium der Animalität hinausgekommen wären. In seiner experimentellen Blindheit hat diese Fähigkeit uns mit dem Privileg ausgestattet, uns selbst und die Umwelt neu zu erschaffen.
Voragrarische Gemeinschaften hatten sich in Symbiose mit einer Umwelt entwickelt, aus der sie ihren Lebensunterhalt bezogen. Die Entstehung der kommerziellen Zivilisation und ihrer Stadtstaaten führte zu einem Bruch mit der Natur, die vom lebendigen Subjekt zum Objekt der Ausbeutung wurde. Autoritäre Regierungen taten alles, um jene kreative Selbsthilfe zu verschleiern, die “von Lucy bis Lascaux” die Evolution gelenkt hatte, welche die Weihrauchschwenker der kommerziellen Zivilisation heute nur höchst ungern zur Kenntnis nehmen.
Der Begriff des Schicksals beherrschte alles. Er verbreitete einen Geist der Unterwerfung, er flößte eine Ontologie des Fluches ein, er verbreitete den Mythos eines unaufhaltsamen Falls, mit dem man sich abfinden muss, so wie man sich der Willkür eines vergöttlichten Herrschers beugen muss.
Diejenigen, die sich noch nach dem Leben sehnen, fühlen sich jetzt wie neugeboren.
Es ist das Gefühl, betrogen worden zu sein. Während der Zusammenbruch des Patriarchats die Götter in den Latrinen der Vergangenheit beerdigt, lehrt er die Entdeckung einer
grundlegenden Unterscheidung zwischen Schicksal und Bestimmung.
Die programmierte Verachtung des Lebens, diese von der kommerziellen Zivilisation verfolgte Strategie, hat das Prinzip, das ich als Schicksal bezeichne, verdeckt.
Das was ich Schicksal nenne ist nichts anderes ist als die Fähigkeit, sich selbst zu erschaffen, indem man sich die Welt neugeboren gestaltet.
Das Schicksal ist eine Vorsehung, über die man nicht diskutieren kann, von dieser Fatalität geht eine verlockend komfortable Unterwürfigkeit aus.
Das Schicksal wird erlitten, das Schicksal wird gestaltet. Das hat nichts mit Metaphysik zu tun. Die grausame Barbarei unserer Geschichte hat es nie geschafft, den inneren Kampf zu ersticken, der von Generation zu Generation den Willen zur Emanzipation demonstrierte, der zeitlos war und dennoch von wirtschaftlichen Schwankungen, politischen, psychologischen und sozialen Veränderungen beeinflusst wurde.
“Schicksal” und “Bestimmung” sind problematisch, weil sie zu Synonymen gemacht wurden. Daher schlage ich vor, der Klarheit halber ihren ursprünglichen französischen Namen zu verwenden.
Die Radikalität der Kämpfe für das Leben ruft die menschliche Bestimmung auf, das Schicksal, den Zufall und die Vorsehung zu verdrängen. Sie blüht inmitten eines Niemandslandes auf, in dem eine inkontinente Zivilisation ihrer existenziellen Substanz beraubt wird, während eine neue Zivilisation mit den Qualen des Gebärens kämpft.
In den Anfängen der Autonomie offenbart die schöpferische Kraft der Frau und des Mannes – so tastend sie auch sein mag – plötzlich, dass wir fähig sind, uns ohne Meister, ohne Gurus, ohne Bevormundung zu entwickeln. Wenn wir Gelegenheit haben zu verstehen, dass nichts das Unglück sicherer anzieht als die Gewohnheit, sich in seiner Gesellschaft zu gefallen, sollten wir im Gegenzug zustimmen, dass die Freude am Lebensglück ebenfalls ansteckend ist, und zwar auf eine liebenswertere Art und Weise.
Die unerschütterliche Entschlossenheit, unser Leben und den Garten, der unsere ernährende Mutter Erde ist, gemeinsam zu bewirtschaften, ist ein unaufhaltsames Heilmittel gegen Angst, Schuld, Opferbereitschaft, Puritanismus, Arbeit, Macht und Geld. Sie nährt den Kampf gegen den Geist des Kommerzes, der überall für die Förderung antiphysischer, naturfeindlicher Werte sorgt.
Der Wille zur individuellen Autonomie ist zugleich der einzige und der pluralistische, um für die Emanzipation des Ichs zu kämpfen. Fragen der Gesundheit, des Gleichgewichts, der Immunität, der Freundschaft, der Liebe, des Vergnügens und der Kreativität stehen im Mittelpunkt der Emanzipation der Erde, die von neuen weltweiten Aufständen erhellt wird. Die Herausforderung ist überall dieselbe: die Freiheit der Wünsche zu erreichen, indem man eine Gesellschaft schafft, die dafür sorgt, dass sie harmonisiert werden.
Im Laufe meines Alltags ist die Authentizität des Erlebten der natürliche Garant für meine Wünsche. Ihre Freiheit schließt die Freiheiten des Marktes aus – die Freiheit, auszubeuten, zu unterdrücken, zu töten.
Freiheit und Authentizität bilden bei dem nach Autonomie strebenden Individuum das Paradoxon einer offen geforderten Heimlichkeit.
Die Predigt der guten Absichten war nie unerträglicher als im 21. Jahrhundert, in dem das entfremdete Bewusstsein keine Samthandschuhe mehr anzieht, um die Worte arbeiten zu lassen. Sie bezeichnet als Terrorist, Mörder, Psychopath, Gesetzloser das, was Merkmal der Unmenschlichkeit ist, den die Raserei des kurzfristigen Profits im Rhythmus seiner profitablen und nutzlosen Großprojekte verschlimmert und beschleunigt.
Ich habe immer den Grundsatz vertreten: absolute Freiheit für alle Meinungen, absolutes Verbot für alle Unmenschlichkeit. Meiner Meinung nach ist dies die einzige Möglichkeit, die Frage der Religionen und Ideologien anzugehen. Eine solche Möglichkeit befreit uns von jener humanitären Heuchelei, mit der sich so viele Ideen und Überzeugungen schmücken. Sie muss nicht einmal mehr darauf herumreiten, dass die Gedankenfreiheit immer nur eine Warenfreiheit war.
Wir wollen nicht über eine Unmenschlichkeit urteilen, wir wollen sie verurteilen und verbieten. Wir brauchen weder Erklärungen, noch Rechtfertigungen, noch mildernde Umstände. Egal, ob sie aus den feinen Vierteln oder den Vorstädten, aus dem Konservatismus oder dem Progressivismus kommt, KEINE EINZIGE UNMENSCHLICHKEIT IST TOLERABEL. Lassen Sie uns das unmissverständlich klarstellen!
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Wir werden alles daran setzen, aus unseren Sitten die Neigung auszurotten, zu zu töten, zu verletzen, zu vergewaltigen und zu misshandeln, ganz gleich, welche Gründe für ihr Aufkommen und Wiederaufleben angeführt werden. Genug von dem universellen Gerichtssaal, in welchem das Abwägen, Urteilen, Entschuldigen, Verurteilen, Bestrafen und Amnestieren das Gestrampel der hilflosen Empörung verewigt. Und ohnmächtig wird der gerechte Zorn bleiben, solange sich in jedem von uns dieses “geh aus dem Weg, damit ich loslegen kann!” einnistet, das zu sozialem Dschungel und Raubtierreflex verurteilt.
Genug von dieser Karikatur des Lebens, die vom narko-amerikanischen Evangelikalismus weltweit verbreitet wurde! Der Selfmademan baut und propagiert nichts anderes als seinen eigenen Tod. Das ist sein glorreich zur Schau gestelltes Kopfgeld!
Ist es nicht so, dass im autonomen Individuum die Freude steigt, niemandem Rechenschaft schuldig zu sein, allein zu entwirren, zu debattieren und früher oder später auf alchemistische Weise eine Verwandlung des trostlosen Überlebens zu bewirken, in dem es feststeckt.
Die Umwandlung eines Rohstoffs – der zum Verrotten verurteilt ist – in das volle Leben zu vollziehen, nach dem wir uns als Menschen immer gesehnt haben? Die Kunst des Lebens verlernt das Sterben. Dies ist die einzige Lehre, an die ich mich halten möchte.
Meine gelebte Authentizität zu genießen, egal wie chaotisch sie auch sein mag, befreit vom Zwang, die Rolle zu spielen, die Individualismus und dessen leitende Herde mir aufzwingen. Sie bringt die armselige und erbärmliche Pflicht des Scheins zu Bewusstsein und befreit von der Diktatur des Scheins, des Spektakels und der Angst, ständig gewogen und beurteilt zu werden. Besteht das wahre Glück nicht darin, die Unschuld zu finden, man selbst zu sein, sich nicht rechtfertigen zu müssen, mit dem Herzen zu wünschen, ohne etwas mit dem Verstand zu erwarten?
Wir bewegen uns auf eine neue Renaissance zu, auf ein Wiederaufleben der Aufklärungsbewegung. Unser Querpfad wird der eines offen geforderten Untergrunds sein. Die Faust des Profits schlägt uns von überall her, schlagen wir überall zu, um sie zu zerstückeln!
Der Untergrund beginnt in uns in der “dunklen Kammer”, in der wir mit uns allein darüber verhandeln, was wir nicht wollen und was wir endlos begehren. Sie weckt in uns das Bewusstsein für unsere Lebenstriebe, für die Freuden, die sie stimulieren, und für die Ärgernisse, die sie umdrehen und in Todestriebe verwandeln.
Das Paradox einer offen geforderten Heimlichkeit wird sowohl durch die Anonymität der Gelbwesten belegt als auch durch die Anonymität, die jeder Einzelne für sich beansprucht, wenn er sich in die dunkle Kammer seiner geheimen Wünsche flüchtet. Dort, wo allein er entscheidet, ob er sich dem räuberischen System und dem egoistischen Kalkül des Individualismus anschließt oder sich stattdessen der Umwandlung seines Überlebens in ein erfülltes Leben widmet.
In seinem Stück “Fuente Ovejuna” stellt der Dramatiker Lope de Vega die Bewohner eines Dorfes in den Mittelpunkt, die der Grausamkeit eines ungerechten Gouverneurs überdrüssig sind und ihn umbringen. Die Richter und Henker, die den Schuldigen finden sollen, stellen den Dorfbewohnern Fragen und erhalten keine Antwort außer dem Namen des Dorfes: Fuente Ovejuna. Daraufhin wird ihnen eine Generalamnestie gewährt.
Anonymität, wie sie Individuen im Kampf um ihre solidarische Autonomie fordern, ist ein gutes Beispiel für eine Bewaffnung im Geist des Lebens. Sie vereint den Widerstand gegen die Unterdrückung. So wie das Beharren der Gelbwesten keine Westen mehr braucht, um sich zu auszubreiten, erleben wir die zunehmende Präsenz eines Lebens, das frei sein will und sich weder mit Religionen, Ideologien, Politik noch mit hierarchischen, staatlichen und globalistischen Strukturen belastet. Das Leben an erster Stelle ist das zerbrochene Gewehr, das die Versachlichung zerbricht und lehrt, die Umwandlung von Sein in Haben zu sabotieren. Es radikalisiert den militanten Reformismus, indem es ihn davon abhält, die Macht, die er zu bekämpfen vorgibt, in sich einnisten zu lassen.
Das Lebendige trägt die Fruchtbarkeit des Begehrens in sich. Keine Wüste wird dieser Fruchtbarkeit widerstehen. In unserer Intimität bildet sich die Entscheidung heraus, den Augenblick des Verschleißes, der Zeit, der Arbeit und des Todes aufzuheben und den Moment und das Verlangen nach Leben, das sich in den Freuden der gelebten Authentizität manifestiert, zu bevorzugen. Möchten Sie einen Gegenbeweis? Beobachten Sie, während ich schreibe, die gewaltige Welle des selbstzerstörerischen Nihilismus, die die vom Krebsgeschwür der Kosteneffizienz zerfressenen Gesellschaften überschwemmt.
Ich lege weniger Wert auf die Zustimmung einer großen Zahl, als auf die Intelligenz autonomer Individuen, die durch ihren Willen zur Authentizität das Gegenmittel zum intellektuellen Elitarismus bietet.
Langsam, aber unausweichlich erhellt die Umkehrung der Perspektive die Erneuerung und dort vollzieht sich die Wiedervereinigung des Existenziellen und des Sozialen. Der individuelle Kampf und der Kampf für eine wahrhaft menschliche Gesellschaft ist ein und dasselbe.
Das Leben braucht weder Herren, noch Kulte, noch Parteien.
Genuss ist die friedliche Gewalt des Lebendigen, das in uns und um uns herum wuchert. Es ist die Unentgeltlichkeit, die uns ein Bewusstsein gegeben hat, das fähig ist, sie zu vermenschlichen. Wir sind entschlossen, genau das zu wagen.
Lasst uns die Erde wieder aufbauen, machen wir aus unseren Gemeinden, Stadtvierteln und Regionen Oasen, die das Lebendige unbesiegbar macht!
Übersetzung: Janneke Schönenbach