An unserem Wesen soll die Welt genesen.
Motto des europäischen Interessenverbandes der Lieferdienstleister (frei nach Emanuel Geibel)
Mit dem heutigen Beitrag beginnen wir eine locker über die nächsten Wochen verteilte Reihe zur Geschichte und Zukunft der Genesenen.
Als “Genesene” bezeichen wir nicht so sehr Menschen mit einem bestimmten Gesundheitszustand, sondern eine mit dem Etikett der angeblichen “Gesundung” zusammenhängende Geisteshaltung.
In der Reihe “Die Genesenen” verhandeln wir einige der sichtbarsten Phänomene, an denen sich der aktuell vollziehende Wandel ablesen lässt. Wenn das Virus wirklich ein “Brandbeschleuniger” (Volker Heise) war – was sind dann die Grillkohlen, auf denen wir unsere Zukunft rösten?
Haben die Phänomene, mit denen wir heute als neuem Alltag konfrontiert sind, eventuell schon vor Corona begonnen? Was war schon längst auf dem Weg und kann jetzt umstandslos (ohne Widerstand) umgesetzt werden? Wie wird sich die Gesellschaft in nächster Zeit entwickeln? Wird sie noch weiter als schon jetzt auseinandertreiben? Zugerichtet und in ein System eingepasst, von dem sie selbst am wenigsten, einige Wenige aber erheblich profitieren. Wer sind diese “Wenigen” und wann haben sie die Zeichen der Zeit deuten gelernt?
Unser erster Beitrag geht der Frage nach, was für eine Art von Zufall es ist, dass wir genau zu dem Zeitpunkt, als Kontakt- und Bewegungsbeschränkungen eine neue Form der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln notwendig machen, ein kürzlich eingeführtes System von Bringdiensten zur Verfügung haben, um die zu Hause unter Arrest Gestellten zu füttern?
Ein letzter kleiner Hinweis an die Leser: die Beiträge werden den Charakter von Glossen besitzen. Die Absurdität der Situation scheint uns dies zu fordern. Der Ernst der Lage bleibt davon unberührt.
Teil1: Die Bringdienstler
Über die “Homogenisierung unserer Wertesets” durch Onlinehandel, Lieferdienste und staatliche Gesundheits-Empfehlungen
Die Impfkampagne der Bundesregierung hat, zusammen mit einer Vielzahl von beständig novellierten Auflagen und Beschränkungen, in Windeseile eine neue Bevölkerungsschicht hervorgebracht.
Wir sind nicht mehr ein Volk. Wir sind in zwei Teile zerfallen: Gefährder und Genesene.
Die Genesenen sind genau genommen: Geimpfte, Getestete oder Genesene, kurz – und mit der neuerdings entstandenen Wut alles abzukürzen, um damit Hemmschwellen herabzusetzen und zu anonymisieren – wird diese neue Bevölkerungsgruppe G3 genannt.
G3, das kapiert jeder Volltrottel, G3 das sind die Guten!
Die Etablierung der drei Guten – gegen die Gefährder (Impfunwillige) gesetzt: das ist institutionaliserte Diskriminierung.
Der Europarat hatte am 27.01.2021 in seiner Resolution 2361/2021 beschlossen, dass niemand gegen seinen Willen, unter Druck geimpft werden darf.
Die 47 Mitgliedsstaaten werden in der Resolution aufgefordert, vor der Impfung darauf hinzuweisen, dass die Impfung nicht verpflichtend ist und dem Nichtgeimpften keine Diskriminierung entstehen darf. Ausdrücklich wird die Diskriminierung untersagt, weil jemand sich schlicht und ohne Angabe von Gründen nicht impfen lassen möchte. Mit der Resolution sollte Diskriminierung am Arbeitsplatz oder Verbot von Reisen für Nichtgeimpfte ausgeschlossen werden.
Die Stimmung nur sieben Monate später jedoch ist gänzlich anders.
Die große Notfallration
Die Genesenen kaufen ihr Essen nicht mehr gern im Supermarkt. Dort ist die Gefahr, sich an Ungimpften oder womöglich Infizierten anzustecken, zu groß. Die Genesenen könnte man für ängstlich halten. Dabei sind sie nur uninformiert. Auch Geimpfte mit Pass können an einem Impfdurchbruch leiden und allerlei virales Material aus der Impfwunde schwappen lassen.
In Wirklichkeit aber – ob ängstlich oder nicht – sind Genesene frohe Nutzer der plattformkapitalistischen Demokratie. Sie kaufen ihr Essen bei einem Lieferdienst.
Schauen wir uns einen besonders schönen Fall von Corona-Trittbrettfahrerei genauer an: den Versandgasthof und Fleischprodukte-Onlinehandel Diem, der für seine Produkte auffällig bei Spiegel-online wirbt.
Der weit vorausschauende Genesene bestellt sich vorsorglich, für den Fall, dass einmal eines fernen Tages alle Bringdienstmitarbeiter noch nicht gegen die aktuellen Welle zweimal geimpft oder noch nicht vollständig immun sein sollten, per Internet garantiert kontaktlos das “Quarantäne-Paket” vom bayrischen Metzger Karl Diem.
Das “Quarantäne-Paket” hieß interessanterweise vor Corona “Silvesterpaket” – die Quarantäne: ein ewiges Neujahr?
Dass vorausschauende Genesene Fleischesser sind, setzt Diem stillschweigend voraus. Selbst das Suppenpaket ist tierisch – frische Zwiebelwürfel mit einer kräftigen Rinderkraftbrühe. Kraft mit Kraft sozusagen, und was braucht man nötiger als Kraft, um den nächsten Hausarrest zu überstehen? Schauen wir weiter: die Kartoffelsuppe mit frischen Kartoffeln und hausgemachtem Speck vom Billenhauser Landschwein! Nicht zu vergessen die im Paket inbegriffene Gulaschsuppe: sie wird “aus der Wade geschnitten”. Es ist nicht nur praktisch für den fußlahmen Onlinekunden, wenn der sportliche Bringdienstler, auf der Treppe flink wie eine Gazelle, das bis oben ins Haus liefert. Diese Dosen sind “gleichzeitig wahre Sattmacher.” Aber Karl Diem ahnt schon, was das Problem sein könnte, denn es heisst in den “Zutaten” unter dem Suppenpaket: was “für ein Geschmackserlebnis, bei dem das schlechte Gewissen auf der Strecke bleibt.“
Bayern hatte schon immer ein Herz für Prepper: der zukunftsängstliche Genesene mit seinem auf der Strecke gebliebenen schlechten Gewissen kann sich im Diem-Onlineshop gleich das “Notfallrationspaket Mittel” für 8 Tage kann, das dem Wording nach ein “Ernstfallpaket groß” erwarten lässt – was aber im Programmsegment “Feinkost-Pakete” mit seinen drei Internetseiten füllenden Fleisch-Festival-Angeboten momentan noch fehlt. Man konnte sich im Kulinarimperium in Krumbach wohl noch nicht dazu durchringen, für den hemmungslosen Fleischkäufer den Großen Schweinebraten- und Innereienkorb zusammenzustellen: zum Verzehr geeignet während des totalen, sprich zeitlich absolut unbegrenzten Lockdown.
Die G4-Gichtpräventionskommission
Das wäre dann schließlich auch eine Art lukratives Lebenszeit-Abo, für den das Geschäftsmodell erst noch ausgehandelt wird, jenseits der Eindosung von ausreichenden Mengen Schwein, die dann im Amazon-Prime-Tempo an deutsche Haushalte gehen. Beim großen Lockdownpaket ist sicher auch die Krankenkasse im Boot: mit ihrer G4-Gichtpräventionskommission (Gichtige Genesene mit Großem Gulaschappetit) .
Das Verlockende (“Wer 6 Ernstfallpakete kauft spart 18%”) steht wie immer im Leben in krasser Konkurrenz zum Bedrohlichen (Gichtfuß).
Hier noch ein Tipp auf die Schnelle, bevor das akute Fußleiden einsetzt. Die noch nicht Geimpften sollten schnellst möglich nach draußen traben und danach trachten, sich zu infizieren. Nur so steigen sie in den höhren gesellschaftlichen Rang der Genesenen auf. Nachteil: dieser Status ist noch kürzer, als der Geimpftenstatus. Nichts mehr hat Dauer in der neuen Gesundheitswelt. Denn solange das griechische Alphabet Buchstaben hergibt, werden wir wohl mit Wellen überrollt werden.
Die Omegawelle dürfte beim derzeitigen Tempo schon 2025 über uns hinwegbranden (beta, gamma und epsilon im Handstreich übersprungen – oder werden die noch nachgelegt? Was ist mit den elegant klingenden zeta eta theta iota kappa? Etwa keine Welle wert?
Jetzt schon lambda – nur noch 13 Buchstaben frei!) Und? Bei Omega ist das schöne Versandhausmodell schon wieder vorbei? Aber es besteht Hoffnung: die chinesische Schrift kennt 100.000 Schriftzeichen
Wenn allerdings die hochkonzentrierte Journaille weiterhin das Impfen nur deswegen lobt, weil es “schwere Verläufe mit Krankenhausverläufen” (Meldung Tagespiegel 7. August 2021) verhindert, wird vielleicht das Versandgasthofmodell schon vor 2025 wegen volksverbreiteter Unlust storniert.
Wohl kaum!
Liefern am Limit
Doch zurück zu den Bringdiensten. Es ist schon ein gewaltiger, allein aus Sicht der Investoren äußerst glücklicher historischer Zufall, dass in den vergangenen Jahren eine organisch gewachsene Struktur von Kleinbetrieben aus den Berliner Hinterhöfen entmietet wurde, um Platz zu schaffen für start up-Geschäfte in einem neu entstehenden Segment der Nahrungsmittelversorgung: durch greenwashing entstandene “Öko”-Lieferanten.
Da saßen nun zwei junge Menschen im 1600 qm Industrieloft mit ihren Laptops an einem upcycling-table, sprich ehemaligen Packtisch, an dem vorher 16 Personen ihr Einkommen verdient haben. Überraschenderweise waren die zwei Figuren mit ihren Risikokapital im Rücken in der Lage, mehr als die doppelte Miete zu zahlen.
Damals hatte die verkehrte Welt schon begonnen.
Anfangs haben wir uns immer gewundert, wer so viel Geld in eine Geschäftsidee investiert, die an Idiotie kaum zu unterbieten ist.
Dass dahinter die großen Player des Plattform-Kapitalismus steckten, dass Coca-Cola ebenso wie Zalando versuchten, in einen Markt hineinzukommen, der bislang in den Händen von einigen wenigen Privatinitiativen (Ökokoops), Öko-Supermärkten und regional organisierten Distributionsketten lag, war verständlich. Auch wenn Öko und Internet, Öko und Ausbeutung, Öko und Bringdienst auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen scheinen: hier gab es eine als Investitionsziel interessante junge Mittelschicht, zahlungskräftig, neuen Formaten gegenüber aufgeschlossen, aber beruflich vollkommen von traditionellen Strukturen entkoppelt. Mit anderen Worten eine leichte formbare, pekuniär durchaus solide Masse.
Dennoch: anfangs schienen uns die Verkaufsideen erschreckend simpel, zu stumpf, um erfolgreich sein zu können.
Da gab es beispielsweise eine Box mit Zutaten für ein Mittagessen und eine Bedienungsanleitung, wie man die Zutaten zu etwas Schmackhaftem zusammenrührt. Die Box selber mit der üblichen Graphidesign-Paste aufgehübscht.
Aber noch dümmer: in einer Stadt wie Berlin, in der sich quasi in jedem Haus unten ein Schnellimbiss befindet, einen Bringdienst zu organisieren, damit die Kunden auch die Pausen im Büro verbringen können – oder Abends die Wohnung nicht verlassen müssen.
Der Vorteil für die Kunden war uns damals – zwei Jahre vor Corona – nicht einleuchtend.
Auch auf der Seite der Arbeitnehmer der Lieferanten-Unternehmen sahen wir viele Widersprüche. Vor unserem inneren Auge marschierte die Armee der Ausgebeuteten, die im Würgegriff der Kapitalverwertung unter Nutzung ihrer privaten Haftpflichtversicherung mit ihren privaten Fahrrädern, ihren privaten Kleinwagen, ihrem privaten Roller ohne Krankenversicherung, ohne gewerkschaftliche Organisation, sprich ohne jeden Arbeitsschutz unterwegs waren, die scheinbare Fußfaulheit der Bevölkerung zu bedienen.
Eine Heerschar von Söldnern, die bereit sind, ihre Fahrzeuge auf eigene Kosten zu pflegen und gänzlich unabgesichert für einen Konzern gewaltige Mengen von Kleingeld einzutreiben.
Ein neues 19. Jahrhundert, so als hätte es keine Arbeiterbewegung gegeben. Eine Kultur von Dienern und Unterdienern.
Noch vor kurzem (Mai 2021) starteten zwar einige wenige Lieferando-Mitarbeiter unter dem Slogan “Liefern am Limit” Aktionen zur Sensibilisierung der Nutzer für die prekären Arbeitsbedingungen. Auch einige “Gorillas” (Slogan “Lebensmittel in 10 Minuten!”) streikten oder verklebten Schlösser ihrer Arbeitgeber.
Aber im zweiten Coronahochsommer sind wir gegen all diese Phänomene bereits vollständig immun. Wir sehen nicht einmal mehr, was genau sich um uns herum verändert.
An jeder Ecke parken verschwitzte Menschen in Funktionskleidung, einen gewaltigen eckigen Rucksack voll erkaltetender Pizza mit verrutschtem Belag auf dem Rücken, die wir dabei beobachten können, wie sie total getrennt von ihrer Umgebung auf ihr privates Smartphone starren, um ihr nächstes Ziel per Liefer-App zu finden: sozial und physisch isolierte Personen, die anderen Einsamen ihre Nahrung in die Zelle bringen.
Das ist der erste Vorschein der ganz großen Entsolidarisierung, die mit Corona auf ihren Höhepunkt zusteuert.
Die neue Bequemlichkeit
Wo stehen wir heute?
Ein Video (“India-Express. Lieferung in 30 Minuten oder Geld zurück.” von Gorrealtalk – über deren politische Ziele ich rein gar nichts weiß!) hat sich im Februar 2021 über die multiplen Kontrollmöglichkeiten lustig gemacht, die mittels der bringdienstlichen Kundendatenerfassung, Cloud-Vernetzung und grassierender Mißachtung des Datenschutzes möglich sind.
Adressen, Kontostand, andere Anschaffungen über das Konto, von dem auch der Bringdienst abbucht, Liquiditätsprobleme des Anrufers, seine Gesundheitsdaten, abgeleitet aus dem Ernährungsverhalten: all das hatte der für ein fiktives indisches Restaurant tätige Mitarbeiter von seinem Kunden, der eigentlich nur ein Curry bestellen wollte, auf Knopfdruck verfügbar: ein gläserner Mensch dank “Bio-Link-Id mit DNA-Check”. Nackt steht er da, nur weil er schnell mal eben was essen wollte. Am Ende wird er mit dem Verweis auf sein Sozialpunktekonto in die Enge getrieben und ändert seine Bestellung ab.
Da haben wir alles in einem kurzen humorvollen Clip beisammen: zu Hause bleiben und allein essen, Onlineplattformen und Smartphones bedienen, dabei alle Personendaten rausgeben und sich dem Social Ranking unterwerfen, das Essen per autonomer Flugmaschine (“Drone-Express”) erhalten, städtische Zonierung (“Lieferung in Gefahrenzone kostet Aufpreis”) – aber auch die ökologische und gesundheitliche Frage von Billigfleisch-Abusus (potentielle Adipositas durch täglich “zwei Portionen mit doppelt Huhn”), und all das formatiert durch ein Bewertungssystem, das ursprünglich von Finanzdienstleistungagenturen ersonnen wurde.
Alle rufen: bring mir was! Keiner fragt: was bringt mir das?
Nur das Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, weiß schon Bescheid. Dank eigener Zukunfstforschung.
Die 226 Seiten starke Studie “Zukunft der Wertevorstellungen von Menschen in unserem Land” ist im Rahmen eines Dienstleistungsauftrags des BMBF, Referat – Strategische Vorausschau, Partizipation und Bürgerforschung im August 2020 vom „Zukunftsbüro des Foresight-Prozesses (Foresight III)“ der Prognos AG und der Z_punkt GmbH Köln vorgelegt worden.
Sie enthält unter anderem sechs “Szenarien”, von denen eines (Nr. 5, ab S. 123) ein Sozialpunkte-Bonus-System nach chinesischem Muster zum Gegenstand hat, allerdings “partizipativ ausgehandelt”.
Wer da an was partizipiert, bleibt weitgehend offen.
Doch auch dort geht es – wohlgemerkt im Kontext von digital belohntem Wohlverhalten! – unter anderem auch um Fleischkonsum.
Unter der Rubrik: “Signale (in der Gegenwart) für ein mögliches Eintreten des Szenarios” (gemeint ist: die Einführung des Sozialpunktesystems in Deutschland im Jahr 2030) heisst es:
“In Deutschland gibt es bereits seit längerem grüne Hausnummern, etwa im Landkreis Lüneburg. Eine solche wird dort verliehen, wenn Gebäude bestimmte Kriterien erfüllen. Vilshofen ging einen Schritt weiter und plante für 2020 grüne Hausnummern, die man bekomme, wenn man ein nachhaltiges Leben führe – beurteilt werde dies anhand von 51 Kriterien, wie etwa dem Fleischkonsum, dem Stromverbrauch und der Nutzung von ÖPNV.”
Grüne Nummern sieht man also dort, wo die Genesenen leben, die glücklich angepasst sind an das als ohnehin unvermeidlich Gesetzte.
Ebendort lesen wir:
“Einer These von Ivan Krastev (Sieben Schlüsse aus der Coronavirus-Krise, in: DIE ZEIT) zufolge könnte die COVID-19-Krise die Attraktivität von auf Big Data basierendem Autoritarismus, wie ihn die chinesische Regierung pflegt, steigern, da man hier die Effizienz der Antwort und die Fähigkeit des chinesischen Staates gesehen hat, die Bewegungen und Verhaltensweisen seiner Bevölkerung zu kontrollieren.”
Das Institut für Demoskopie Allensbach will schon 2019 durch Befragung repräsentativer Gruppen herausgefunden haben: “Der Staat sollte das Verhalten stärker lenken, z. B. durch Anreize.“
In der Zusammenfassung zum aktuellen Wertegefühl wird eine andere Studie (Hannes Fernow et al. (2017): Values & Visions 2030 – Was uns morgen wichtig ist, GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung) mit durchweg erschreckenden Ergebnissen zitiert:
“(In der Values-Studie) wird der Gruppe der ichbezogenen Menschen eine eher positive Interpretation zugeordnet, für die der Sinn von Arbeit darin besteht, engagiert Höchstleistungen zu erzielen“. (S. 55) und etwas später “So schätzen die Befragten der Studie Values & Visions 2030 die Relevanz der Werte Solidarität und Grosszügigkeit heute und morgen relativ gering ein…”(S.76)
Unter der Rubrik “Umfeld der Wertelandschaft und Wertevermittlung” (BMBF-Studie S.126), bei der (absichtsvoll?) unklar bleibt, wer dort spricht und ob wir uns noch im Szenario oder in der soziologischen Bewertung aus heutiger Sicht befinden, heisst es höchst suggestiv:
“Gegnerinnen und Gegner des Systems sind mehr denn je soziale Aussenseiterinnen und Aussenseiter und haben mit Stigmatisierungen und Ablehnung zu kämpfen.” Und gleich daneben, in einem Layoutkasten, der sich “Expertinnen- und Experteninterview 13” nennt, wird ein/e ungenannt bleibende/r Experte/in mit dem Satz zitiert: “Die Bereitschaft, Aufgaben und Entscheidungen an Algorithmen abzugeben, ist bereits vorhanden und wird weiter wachsen. Der Mensch passt sich an.“
Zum Glück eindeutig wieder im fiktionalen Teil des Scenarios heisst es auf Seite 127: “Vor diesem Hintergrund kommt es einerseits zu einer weitgehenden Homogenisierung der Wertesets unter den am Punktesystem aktiv Teilnehmenden, andererseits aber auch zu einer Verschärfung der Wertediskrepanz zwischen Befürworterinnen und Befürwortern, sowie Gegnerinnen und Gegnern des digitalen Punktesystems.”
“Homogenisierung der Wertesets” – so schön hätte das nicht einmal George Orwell ausdrücken können.
Man möchte das eingangs erwähnte Spassvideo in dieser Studie zitiert sehen mit: “Profitieren Sie von der neuen Bequemlichkeit” – geben Sie ab! Und zwar nicht nur ihren Hut …
Die Empfehlung
Was ist falsch an der Empfehlung des Staates, sich impfen zu lassen? Sich nicht vor die Tür zu begegeben? Abstand zu halten und Kontakt zu meiden? Das Reisen besser zu unterlassen? Nicht mit Bargeld zu bezahlen, sondern “kontaktfrei”? Warum soll es falsch sein, zu Haus vor dem Fernseher zu futtern, statt sich unter Menschen zu begeben, wo wir doch tatsächlich Gefahr laufen, vom Nebentisch angehustet zu werden?
Dient das Vermeiden nicht unserer Sicherheit? Bergen Infektion, Berührung, Bewegung, bare Bezahlung und beliebige Vermischung mit Unbekannten nicht lauter Risken?
Die “Empfehlungen” der Ministerien, bei Nichtbefolgung mit drastischen Konsequenzen bewehrt, sind nicht allein eine ungeheuerliche Einmischung in das Privatleben der Menschen. Viel entscheidener ist: Wir mussten in den vergangenen Jahren lernen, staatlichen Empfehlungen zu misstrauen, weil uns die wahren Beweggründe stets absichtsvoll verborgen wurden.
Als der Staat anordnete: Werft eure alten Glühlampen weg, sie sind nicht mehr ökologisch. Kauft statt dessen die viel haltbareren Energiesparlampen, da wurde uns verborgen (oder zumindest nicht mit der gebotenen Transparenz deutlich gemacht), dass Osram-Mitarbeiter der Kommission, die sich mit der Einführung der neuen Technologie befasste, präsidierten. Es ging schlicht um Wirtschaftsförderung. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Energiesparlampen nicht nur kürzer halten als Glühlampen, sondern voller Gifte stecken, die jetzt ungehindert in die Umwelt geraten.
Als die Regierung mit einer Prämie Anreiz schuf, sein altes Auto wegzuwerfen, weil alte Autos angeblich unökologisch wären, da wurde uns verheimlicht, dass es eigentlich nur um ein Programm zur Förderung der Autoindustrie ging. Mit Ökologie hatte das nichts zu tun. Die Herstellung eines Neuwagens ist für die Umwelt viel belastender, als ein älteres Fahrzeug bis zu seinem Ende zu benutzen.
Denselben Prozess durchleben wir gerade noch einmal mit den Elektroautos. Elektroautos werden uns als umweltneutral verkauft. In Wirklichkeit sind die Fragen zur Gewinnung der Rohmaterialien und Herstellung der Batterien, sowie das Recycling noch nicht einmal ansatzweise geklärt – bzw. eine ökologische Katastrophe. Bei Umbau der gesamten Automobilität (LKW und PKW) auf batteriebetriebene Fahrzeuge bauen wir uns ein zweites Desaster von der Größenordnung des Atommülls. Doch unsere Regierungen behaupten stur, das sei unser Weg in eine grüne Zukunft. Der einzig gangbare Weg.
Warum sollten also ausgerechnet diese Regierungen und ihre Ministerien uns nun ausgerechnet über das Impfen und ihre Beweggründe dafür die Wahrheit sagen?
Die Impfwilligkeit aber gerät nun zum Lackmustest für die allgemeine Bereitwilligkeit zur Unterwerfung unter die Empfehlung, die dabei zur Anordnung gerinnt. Daran erkennen wir einen für Behörden und Politik typischen Prozeß der Verschärfung, den wir derzeit in vielen Bereichen der gesellschaftlichen Durchorganisation erleben. So werden, um nur kurz zwei Beispiele zu nennen, verschärfte Regelungen und größere Auslegungsspielräume beim Demonstrationsrecht, ebenso wie bei den Maßnahmen angeblich zur Sicherung unserer Gesundheit – bei gleichzeitiger Entregelung der Kontrolle von Konzerntätigkeit – zum weitgehend universellen Instrument politischer Steuerung aufgebohrt.
Die Bringdienste haben in diesem Universum die Rolle der Verführer. Sie sollen dem Bürger erleichtern, vom mündigen kritischen Mitgestalter zum Konsumenten zu mutieren und sich dabei glücklich zu fühlen. Insoweit beschränkt sich die Vorstellung von Bürgerbeteiligung all jener Regierungseinrichtungen, die die Partizipation im Titel führen, auf das Drücken der richtigen Knöpfe.
Bleib online – dann sind wir beruhigt. Denn wir wissen was du (b)isst!
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