Gastbeitrag von Eric Ostrich anlässlich einer Zusammenkunft im Biergarten Jockel zu Berlin am symbolischen Datum 2. Juni, darin einige Auslassungen zur gegenwärtigen Wirkung des anonym verfassten Konspirationistischen Manifests, ergänzt um zwei Anlagen, die womöglich das Verständnis des Gastbeitrages erhöhen, sicher aber das Herz erfrischen.
Der nunmehr schon über drei Jahre währende Angriff der neuen Gegenwart auf die bisherige Zeit hat tiefe Spuren hinterlassen. Was man gewohnt war, ohne groß darüber nachzudenken, als Gesellschaft hinzunehmen und unausgesprochen vorauszusetzen, hat schwere Verwerfungen, Spaltungen, Zerstörungen, Neuformierungen erfahren, mittels derer die jeweils Einzelnen sich nun monadisch in einer zur Kenntlichkeit gebrachten Welt der Entfremdung, Asozialität und der Antagonismen zurechtzufinden haben, die nun, nach außen gekehrt, ihnen kein kritischer Theoretiker mehr zu erklären hat. Sie finden sie vor.
Dies war nun durchaus auch der Veranstaltung anzumerken, die am Freitag, 2. Juni, im Biergarten Jockel am Rande von Kreuzberg abgehalten wurde. Als Anlaß genommen wurde das Konspirationistische Manifest, das übrigens parallel zur Veranstaltung nunmehr auch in den USA und Großbritannien veröffentlicht wurde, versehen mit einem Vorwort (* siehe unten), das wiederum auch schon auf Deutsch vorliegt. Das Buch wurde von einer aus Frankreich kommenden anonymen Autorengruppe verfaßt, die selbst darum bemüht ist, sich in der in Windeseile umgestürzten Welt (in der sie mit Verwunderung feststellen, daß sie 2020 auf den Straßen plötzlich nicht mehr ‚revolution‘ sondern ‚liberté‘ gerufen haben) zurechtzufinden und die jüngsten Ereignisse in einen geschichtlichen, vor allem auch geistesgeschichtlichen, staatswissenschaftlichen Zusammenhang einzuordnen, in dem über die letzten Dekaden mittels Psychologie, Bio- und Hirnchemie, Informatik, Nanotechnologie und nicht zuletzt Militär, Geheimdiensten, Aufstandsbekämpfung nach und nach eine die Welt umspannende praktische Antwort auf die ‚Widersprüche des Spätkapitalismus’ durchgesetzt wurde. Im Covid-Gesamtkunstwerk durfte diese ihren ersten wahrhaft großen Auftritt bekommen, dem in Variationen die Da Capos folgen werden. Oder: „Auf die Vorwäsche folgt in aller Regel die Hauptwäsche“, wie an diesem Abend formuliert wurde. Und all dies wurde implementiert inklusive auf willige Bereitschaft stoßender Integration alles Linken. Wie es zu diesem brutalen misanthropischen Aberwitz kam, versucht das Manifest nachzuvollziehen, nachzuzeichnen und damit einen Anfang der Erkenntnis zu setzen, dessen Folgen und Ende noch ganz im Ungewissen bleiben.
Dies war nun in etwa auch die Atmosphäre, die bei der Jockel-Veranstaltung zu vernehmen war: Die fünf Beiträge, die vom Podium kamen, waren allesamt kurz, zurückhaltend, tastend, könnte man sagen. Keine vehementen Kampfansagen, keine mit schwerer Miene vorgetragenen theoretischen Ausführungen, sondern eher Mitteilungen – zum Beispiel über Denunziationen ehemaliger Genossen gegen ihre angestammte Arztpraxis (samt folgender Praxisdurchsuchungen und Prozesse), da diese sich nicht an den Maskenirrwitz halten wollten; oder schüchterne Erinnerungen an die Maschinenstürmer, deren Zeit nunmehr, angesichts eines feindlichen Projekts zur Konstruktion eines neuen Menschen im Sinne und mittels der kybernetischen Herrschaft, vielleicht wieder gekommen ist, um – wer weiß? – einen ersten Funken zu einer umstürzlerischen Bewegung in einer ungewissen Zukunft zu geben; oder nachdenkliche Überlegungen über das, was denn nun die Seele sei, vielleicht „eine bestimmte Form, lebendig zu sein“, und ein Appell, „den nötigen Abstand von all dem zu gewinnen, was unsere Seelen so zurichtet, daß wir uns dem Gesetz des Kapitals freiwillig unterwerfen, um uns aus dieser Distanz die nötige Luft zum Atmen und Denken zu verschaffen“ (Überlegungen, die, was eben heute gar nicht mehr überrascht, von einem bislang eher der intervenierenden Linken zuzurechnenden Vortragenden angestellt wurden); ergänzt von einer anderen Podiumsteilnehmerin mit der Vermutung, daß wir nunmehr auf ganz anderem Niveau „nicht mehr Herr im eigenen Hause“ seien und die Menschen, frei nach Freud und wörtlich nach John Cleese, „will give up everything except their suffering“.
Dies alles also bewußt bescheiden, sich praktischen Erwägungen weitgehend enthaltend (sieht man vom Verweis des Moderators des Podiums auf die in einigen Straßen „generalsstabsmäßig improvisierten Angriffe“ an Silvester in Berlin auf die Polizei, die als beginnende Rache für die Ausgangssperren intepretiert wurden), wie sich heranpirschend an eine Aufgabe, deren Dringlichkeit man zwar kräftig spürt, deren Inhalt man aber noch kaum erahnen kann.
Und all dem lauschte konzentriert und ruhig ein Publikum von immerhin deutlich mehr als hundertfünfzig Leuten, die dann jedoch, als der Podiumsteil beendet war, sich zunächst im Saale sehr mitteilungs-, beitrags- und gesprächswillig zeigten, was sich dann noch über Stunden hinweg drinnen wie draußen im Biergarten fortsetzte. Hielt man die Ohren ein wenig auf, war nicht zu überhören, daß hier allerlei Menschen zusammengekommen waren, die sich noch vor wenigen Jahren wahrscheinlich nicht mal von hinten angesehen hätten und nun aber sogar bisweilen über die hergebrachten Grüppchenspaltungen hinweg ein paar erste vielleicht Orientierung suchende Wörter tauschten, inklusive einiger altgedienter „Häuptlinge, die sich unsicher auf die Suche nach Indianern begaben“, wie ein zum Anarchischen neigender iberischer Besucher des Abends formulierte.
Alles ein Anfang eben? Vielleicht. Moment eines Bruchs mit der gesellschaftlichen Welt, ähnlich dem im Manifest erinnerten Bruch des vormarxistischen Lukacs’ angesichts des 1. Weltkriegs? Vielleicht. Vielleicht aber auch nur eine Zusammenkunft genesungswilliger (Post-/Prä-)Traumatisierter. „The future is unwritten“ (Laurenz von Arabien beziehungsweise Joe Strummer).
Angemerkt sei noch zur Vollständigkeit und für die Chronik, auch wenn das heute keinen Neuigkeitswert mehr hat, daß von Seiten der Linken – in diesem Fall der Partei dieses Namens, dann der anderen mit dem Kürzel SPD und von diversen Einzelnen, die in ihrer Begriffsverwirrung sich Antifaschisten nennen, ansonsten aber sehr gerade denken – allerlei Anstalten unternommen wurden, die Veranstaltung zu verhindern – allerdings, auch dies bemerkenswert, kaum öffentlich, sondern hinterrücks mittels ökonomischer und moralischer Erpressung. Daß ihnen dies nicht gelungen ist, kann man vielleicht bis auf Weiteres als positives Moment nehmen. Daß in dem Ganzen auch nicht im Entferntesten ein ‚2.-Juni-Spirit’ hauchte, ist nicht überraschend und wohl auch gut so. (An eine alte Bedeutung wurde im Übrigen angenehm zurückhaltend erinnert mit einem Auszug aus der Autobiographie Norbert ‚Knofo‘ Kröchers, der als Flugzettel auslag.)
ANLAGEN
Anlage 1: Vorwort zur englischen Ausgabe des Konspirationistisches Manifest
Das Konspirationistische Manifest ist zum ersten Mal im Januar 2021 erschienen und zwar bei Éditions du Seuil, einem ‚angesehenen‘ linken Verlagshaus in Paris. Die strikte Anonymität des Buches brachte einen ein wenig speziellen Veröffentlichungsprozess mit sich, so daß es erforderlich war, niemanden aus dem Verlagshaus außer den Chef bei dem Vorhaben ins Vertrauen zu ziehen. Da wir ja in einer Demokratie leben, war es von da ab logisch, daß die französische Polizei meinte, guten Grund zu haben, das eine oder andere diskrete Treffen mit besagtem Chef auf ungeschickte Weise zu beschatten, den mit dem Vorhaben verbundenen Schriftwechsel abzufangen und gar, weil ‚Gefahr‘ bestehe, zu zerstören. Und es war ebenso logisch, daß dieselbe Polizei es dringlich fand, sogar noch vor Veröffentlichung des Buchs unter dem Namen eines ihrer journalistischen Gehilfen einen Artikel erscheinen zu lassen, der vorgab, die Anonymität der Autoren aufzudecken und den Inhalt des Buches so gut wie möglich zu verleumden, um seine Rezeption in eine bestimmte Richtung zu lenken. Da es nicht gelang, sein Erscheinen zu verhindern, wurde, kann man sagen, alles getan, den Herausgeber davon abzubringen, es zu verbreiten, die Buchhändler davon, es zu verkaufen, und – ohne Erfolg – die Leser davon, es zu lesen. Immerhin leben wir in einer Demokratie, und es wäre schädlich, wenn die Bürger unglücklicherweise mit gefährlichen Ideen in Kontakt kämen oder gar mit schockierenden Wahrheiten. Es ist wichtig, daß die Polizei über die mentale Sicherheit der von ihr Verwalteten wacht. Bereits jetzt arbeitet die französische Armee an der Theorie, daß in den globalen Konflikten von nun an die Aufrechterhaltung der ‚safe sphere‘ der Bevölkerungen auf dem Spiel steht – damit keine Gefahr droht, daß die epistemologische Blase in Unruhe versetzt wird – oder, wer weiß, sogar zum Platzen gebracht wird? – , in der sich dank der technologischen Apparatur, die nunmehr den Zugang zur Welt steuert, jeder Bürger gefangen findet. Das ist die Annahme der Direktorin der Cybersecurity and Infrastructure Security Agency des Department of Homeland Security (DHS), zuständig für den Kampf gegen ‚Misinformation, Disinformation and Malinformation‘, Jen Easterly, wenn sie auf einer Konferenz im November 2021 erklärt: ‚One could argue we’re in the business of critical infrastructure, and the most critical infrastructure is our cognitive infrastructure‘. Ein Glück, daß unser Gehirn in so guten Händen ist. Jeder wird wohl kapiert haben, daß die direkte ‚Regulierung‘ der sozialen Netzwerke durch das FBI und das DHS, die unter dem Vorwand des Kampfes gegen Covid-19 in Gang gesetzt wurde, in Wirklichkeit ein Abbild der Zukunft ist – einer Zukunft, die sich schwerlich ohne die Atmosphäre des dritten Weltkriegs verwirklichen lässt, eine Atmosphäre, die entschlossen und methodisch gerade schon herbeigeführt wird. Denjenigen, die geglaubt haben, die Phase der Pandemie sei nur ein Zwischenspiel gewesen und nicht ein konstituierender Akt, wird nun die Rechnung präsentiert. Indem er das Trauma von 2020 leugnet, unterzeichnet der Bürger den sozialen Pakt, der ihn an seinen Scharfrichter bindet. So sind die ‚Politischsten‘ plötzlich zu den am stärksten Getäuschten geworden, die ‚Kultiviertesten‘ zu den Dümmsten und die ‚Kritischsten‘ zu den Stummsten.
Einen Monat vor dem Erscheinen dieses Manifeste geschah der spektakuläre und qualitative Sprung in den Krieg, mit der Ukraine als blutbesudelte Rassel. Man kann getrost sagen, daß der ‚neue Kalte Krieg‘, den offenzulegen nun allerlei Leute vorgeben, im Manifeste durchweg präsent ist. In Wahrheit konnte niemand, der sich zu informieren weiß, ignorieren, daß schon seit Jahren die strategische Entkoppelung der USA von China im Gange war, daß die allgemeine Wiederaufrüstung zügig voranschritt, wie auch die Gerüchte über die Rückkehr des ‚konventionellen Kriegs‘, daß die Fertigstellung von Nord Stream 2 schon allein für sich ein casus belli für die USA war oder daß die NATO schon den Weg zum ‚kognitiven Krieg‘ geebnet hatte. Ausgangssperre, Generalmobilmachung, Belagerungszustand, verstärkte Kontrolle des öffentlichen Raums und der Bevölkerung: Auch die militärische Tonart des ‚Kriegs gegen den Virus‘ verhieß nichts Gutes. Zudem war es einfach, zu erahnen, daß die großen Verbrechen, die unter dem Deckmantel des Pandemie-Managements begangen wurden, nicht anders als durch noch größere Verbrechen ausradiert werden konnten. Die Flucht nach vorne ist die einzige Art und Weise, den Konsequenzen solch enormer Lügen und Rechtsbrüche zu entkommen, und nur der Krieg mit den Ausnahmemaßnahmen, die er erlaubt, ermöglicht es, das Schisma in der erlebten Wirklichkeit, das sich immer weiter auftut, zu vermindern und dadurch die unabwendbare Rache zu vertagen. Auf diese Weise halten sich die Imperien, die sich im Zustand fortgeschrittenen inneren Zerfalls befinden, aufrecht, eines sich am anderen stützend. Es ist jedoch unnötig, hier noch das zu ergänzen, was in diesem Buch zur Genüge erhellt wird – die Fortdauer des Kalten Krieges, die duale Natur der Gesamtheit der heutigen Technologien, das Kontinuum zwischen der Biopolitik der Pandemie und der Thanatospolitik des bewaffneten Konflikts, das Regieren durch Trolls, die Ökologie als Vorwand zur Beschleunigung der Verwüstung, der infrastrukturelle Charakter der gegenwärtigen Macht und damit der aktuellen Kriege etc. Eineinhalb Jahre nach dem Erscheinen des Manifeste muß man zugeben, daß eine Sache darin überholt ist: Wir haben, insbesondere am Anfang des Buchs, eine ganze Reihe von Neppereien für Trottel vorgelegt – kategorische Behauptungen (von denen wir aber aus sicherer Quelle wußten, daß sie als zutreffend erwiesen waren) über das Virus und seine Herkunft, über die ‚Impfungen‘ und ihre Sekundäreffekte, über die psychopolitischen Manipulationen und die Zensur, mit denen wir beabsichtigten, das, was damals medienwirksam als Evidenz durchging, zu erschüttern. Heute wird das, was damals als billige Provokation oder Spinnerei von Verschwörungstheoretikern galt, ‚faktisch‘. ‚wissenschaftlich‘, ‚statistisch‘, kurz und gut: historisch bestätigt. Man findet es in den Berichten der Bundesbehörden oder hört es aus dem Mund von Jeffrey Sachs. Das spricht für sich. Den Trotteln bleibt nun nur noch das Durcheinandermischen, die Unterstellung, die Verleumdung und die Wichtigtuerei, um den Eindruck zu erwecken, daß sie inmitten der Trümmer ihrer abgesoffenen Positionen noch oben schwimmen – die ganzen rhetorischen Techniken, wenn es darum geht, die ‚verschwörungstheoretischen‘ Wahrheiten zu attackieren, die sich im Grunde nicht geändert haben, seit der CIA sie, mit dem Schiffbruch infolge der Schlüsse der Warren-Kommision konfrontiert, in seinem berühmten Memorandum von 1967 angeraten hatte. Ihr Ertrinken erregt bei uns keinerlei Mitleid. Wir wünschen ihnen alles Glück dieser Welt.
Der amerikanische Leser wird in diesem Buch eine Menge Genealogien finden, die auf direktem Wege in die Vereingten Staaten führen und, etwas allgemeiner, eine Zusammenführung von in ihrer Mehrheit angelsächsischen Quellen. Es gehört zum stolzem Provinzialismus des alten Europa, zu leugnen, daß es seit einem guten Jahrhundert unter Vorherrschaft lebt und von daher von seiner eigenen jüngeren Geschichte nichts verstehen kann. Diese Sache ist jedoch schon 1909 einem Dichter nicht entgangen, der damals im L’écho des sports schrieb: ‚Man muß Amerikaner sein oder zumindest als solcher erscheinen, was genau dasselbe ist. (…) Gewiß, die ganze Welt ist amerikanisch, aber man ist es mehr oder weniger. (…) Ihr sollt immer geschäftig erscheinen.‘ (Arthur Cravan: ‚To be or not be American‘) Während es alles andere als sicher ist, daß das neue Jahrhundert amerikanisch sein wird, gibt es doch keinen Zweifel, daß das vergangene es durch und durch war. Einer der exemplarischsten Konspirationisten der Geschichte, Philippe Buonarroti, beschrieb in den 1830er Jahren die Vereinigten Staaten als ein ‚in demokratische Formen gekleidetes feudales Regime‘. In diesem Punkt weist die amerikanische Geschichte eine bewundernswerte Konstanz auf – was übrigens nichts vom ganz und gar konspirationistischen Charakter der amerikanischen ‚Revolution‘ selbst wegnimmt, die, in den Worten von George Washington, auf der Seite Londons ‚einen regelrechten, systematischen Plan‘ erkannt hat, der darauf abzielte, die Kolonien der Neuen Welt zu unterjochen. Es ist wahr, daß es im Land der confidence men schwierig ist, in wen oder was auch immer Vertrauen zu haben. Die Geschichte ist mehr denn je der Alptraum, aus dem wir zu erwachen versuchen. Es bleibt kein großer Rest mehr an Weltvertrauen bei denen, die in Facebook die privatwirtschaftliche Verwirklichung des LifeLog-Projekts der DARPA zur totalen Überwachung sehen, die die Hintergründe der Verschwörung erkennen, die die Sabotage von Nord Stream 1 und 2 herbeigeführt hat; auch für die nicht, die feststellen müssen, mit welchem Zynismus das State Department und die CIA die woke Rhetorik mit dem Zweck übernehmen, in neuer Verkleidung ihre ewig gleichen Absichten zu verfolgen. Der Schutzheilige des Antikonspirationismus, Karl Popper, schrieb in den 1960er Jahren: ‚Der Glaube an die homerischen Götter, deren Verschwörungen die Geschichte des Trojanischen Kriegs erklären, ist verschwunden. Aber ihre Stelle nehmen heute die Weisen von Zion, die Kapitalisten, die Monopolisten oder die Imperialisten ein.‘ Diese rhetorische Technik erlaubte es ihm, jede artikulierte Kritik der Beherrschung durch das Kapital unhörbar zu machen, indem er sie des Antisemitismus verdächtig machte. Ein großes Glück, daß man heute dank der historischen Archive die Missetaten der Monopolisten und der Imperialisten der 1960er Jahre kennt und weiß, wie sie auf vielen Gebieten den Kurs der Welt bestimmen konnten – und wie sie uns an diesen Punkt des vollständigen Desasters gebracht haben. Der Grad der Anhäufung von Reichtum und Macht ist so groß, daß die Führungsgruppen, bei all ihrem Hang zum Empirismus, nun Pläne entwerfen können und nicht mehr simple Strategien. Die Idee, die alten Kategorien zur Verstehbarkeit der Geschichte erhalten zu wollen, steht uns selbstverständlich fern. Möge die Veröffentlichung dieses Buchs auf Amerikanisch bei der Verfeinerung dieser Kategorien und uns zum Verstehen des Alptraums, in dem wir uns versunken finden, helfen. Mögen wir endlich diesem Alptraum entkommen, die Wächter des Schlafs vertreiben und uns endlich in das vita nuova aufmachen, das in jedem Moment in Griffweite liegt.
Anlage 2: Knofo ./. Korinthenkacker
… Was lernen wir daraus? Was ihr daraus lernt, weiß ich nicht; ich habe daraus diese Konsequenz gezogen: Vergiss die meisten der sich irgendwie ›links‹ Gebärdenden. Kritiker meinen, mit dieser Linken sei kein Staat zu machen.
Ganz im Gegenteil, ganz im Gegenteil.
›Bio‹ einkaufen, ›vegan‹ essen, aber zweimal im Jahr mit dem Billigflieger irgendwohin düsen und damit eine der weltweit größten Umweltsauerein unterstützen; das ist nicht nur Selbstbetrug, sondern blanke Heuchelei. Denn die Medaille hat zwei Seiten: Widerstand und Verweigerung. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar, nicht machbar. Verweigerung fängt beim Selbst an: Inwieweit bist du in der Lage, dich den kapitalistischen Verwertungsprozessen zu entziehen, nicht mehr mitzumachen.
Es geht darum, Gegenmodelle zum Bestehenden zu entwickeln und – zu leben.
Stattdessen leiden sie wie die Tiere unter ihrem bestialischem Unvermögen, die Welt zu erretten. Ihre Reservate sind von Spitzeln durchsetzt und jeder Funken individuellen Glücks wird gnadenlos übelgenommen, Humor konsequent abgetrieben. Wer lacht, fliegt raus.
Egal wie großmäulig sie sich aufführen, die ›Linken‹ sind schon längst nicht mehr Teil der Lösung. Sondern Teil des Problems. Und das hat eine Hauptursache: Den Dogmatismus, diese Pest, in den Reihen der einst revolutionären Linken. Die kämpferischen Inhalte bleiben durch diesen quasi religiösen Wahn letztendlich auf der Strecke. Das ist u.a. die selbstgestrickte und freiwillig angelegte Zwangsjacke der ›political correctness‹. Hinzu kommt, und das ist nicht minder wichtig, die Abwesenheit jeder kritischen Theorie,
des Ober- und Unterbaus, wie man will. Anscheinend bemüht sich kaum noch jemand, durch profundes Studium und Analyse der Verhältnisse eine Grundlage zu erarbeiten, die schließlich zur Basis für adäquates Agieren dienlich sein sollte. Selbst die kleinste Widerstandshandlung, potenziert zur massenhaften Aktion, macht
Sinn, bringt Fortschritt, kann schließlich zu einem Eckpfeiler des Widerstands gegen die kapitalistische Pest werden – wenn sie aus sich heraus plausibel ist. Selbstvermittelt, ohne Agitation.
Doch davon sind wir meilenweit entfernt. Der erhoffte kommende Aufstand wird zwangsläufig zum Umsturz werden, der ›die Linke‹ kalt auf dem Klo erwischt, denn er wird von anderen Kräften bestimmt werden. Die Krise, die immer größere Teile der Menschen ins Elend katapultiert, den Planeten immer weiter ruiniert, wird – bei ihrer finalen Entladung – zwangsläufig in ein Regime führen, in dem ›die Linken‹ keine
Rolle mehr spielen werden; weil sie nicht darauf vorbereitet sind, keine Antworten mehr haben, überrollt werden. Eine Diktatur mit bis dato unvorstellbarem Staatsterror wird die Zukunft bestimmen. Das ist das letzte Kapitel, das die kapitalistische Pest schreiben wird, die nur noch ein Ziel hat: sich selbst, d.h. die herrschenden Besitzverhältnisse, um jeden Preis zu erhalten.
Wer immer nur alles hinnimmt, duldet, verspielt nicht nur jede Möglichkeit zur Veränderung, sondern macht sich auch mitschuldig an den bestehenden Verhältnissen, an der apokalyptischen Zukunft. Daran ändert auch die ganze ›linke‹ Maulhurerei nichts. Die ›Autonomen‹, die ›Antifa‹, die ›Überflüssigen‹ und wie sich die ach so radikalen Gebärdenden nennen – sie haben längst den Kontakt zur Realität und damit zur Masse der Menschen verloren, sofern jemals vorhanden -, führen ein Nischendasein, verlieren sich in ›Kampagnen‹, die keine dauerhaften Ergebnisse zeitigen. Bestenfalls springen sie auf fahrende Züge auf, wo sie höchstens geduldet sind, aber nicht wirklich ernstgenommen werden, Partikularinteressen anderer Minoritäten temporär teilen dürfen. Wenn es z.B. um Flüchtlinge oder Zwangsräumungen geht. Oder wenn sie Sprachverhunzungen (großes ›I‹–Unterstrich für die bis dato in der Sprache unberücksichtigt gebliebenen Katzen und Hunde) mitverbreiten helfen dürfen. Auf diesen Nebenkriegsschauplätzen können sie dann ihre ganze Taliban-Mentalität austoben; die auch nur so lange anhält, bis sie zurück nach Westdeutschland gehen, um in Wanne-Eikel die Kunsthonigfabrik ihrer Eltern zu übernehmen. Oder in mehr oder weniger sinnfreien ›Projekten‹ zu landen. Oder um ihr weiteres Leben als Sozialhilfeempfänger zu fristen und sich in der geistigen und materiellen Armut auf Dauer einzurichten.
Vielleicht gab es nie eine ›Linke‹, aber es gab im letzten Drittel des letzten Jahrhunderts einen allgemeinen Aufbruch – nicht nur der Jugend und nicht nur der Studenten -, der die Gesellschaft insgesamt durchgelüftet hat. Einige der damaligen Fortschritte haben es bis heute geschafft; der größte Teil aber landete in den Mühlen der Machthaber, wurde bis zur Unkenntlich zerrieben, kanalisiert und letztendlich vermarktet. Wenn sich nur irgendwelcher Profit herausschlagen ließ. An der kapitalistischen Verwertung und damit Zerstörung einst fortschrittlicher Inhalte haben nicht wenige der der einstigen und heutige Protagonisten tüchtig mitgewerkelt. Das hat ›die Linke‹ nicht überlebt. …«
KNOFO, Bewegung 2. Juni, 2016.
- Für die Korinthenkacker – zitiert aus: Nobert »Knofo« Kröcher, K. und der Verkehr. Erinnerung an bewegte Zeiten, Erster Teil: 1950 – 1989,
herausgegeben von Bert Papenfuß für Rumbalotte Prenzlauber Berg
Connection e.V., Basisdruck: Berlin 2017, Prolog, S. 25 – 27.
Die beiden Anhänge zum Download :http://www.magazinredaktion.tk/docs/knofo.pdf http://www.magazinredaktion.tk/docs/vorwort_manifest_england.pdf
Vielen Dank für die Zusammenfassung. Allerdings hatte ich einen klein wenig anderen Eindruck. So konnte ich eher heraushören, dass viele von denen, die sich zu Wort meldeten, mit den gleichen einstudierten ökonomisch-marxistischen Phrasen das zu analysieren versucht wurde, was andere mit ähnlichem Werkzeug vorher schon, trotz offensichtlichem Widerspruch , begrüßt hatten. Die einzige Ausnahme bildete ein Beitrag vom Podium, der auch mal von Empfindungen sprach angesichts der vergangene und immer noch andauernden Barbarei. Ich ordne diese Art von Aufarbeitung als ideologische Betriebsblindheit ein. Die Talare und Ordinarien bestehen weiter fort und werden leider im Prinzip immer noch auch und geade im intelektualistischen Milieu nicht hinterfragt. Über menschliche Abgründe wie Gier, Stolz…nachzudenken ist höchstens noch freudianisch verbrämt geduldet. Zu anderen Zeiten galt noch ein Herkules als Vorbild , der mit der Mistgabel die Augiasställe reinigte und als es danach erst zur ökonomischen Auseinandersetzung kam, sich menschlich zeigte. Mindestens hat er auch damit ganz ohne weißen Kittel sich zum Halbgott gemacht. Literaturhinweis: Die Ästhetik des Widerstands von Peter Weiss bei Suhrkamp 1980
Grundsätzlich habe ich kein schlechtes Gewissen, im Billigflieger zu Tagungen, Kongressen oder in den Urlaub zu fliegen, ich kaufe aber auch nicht BioBio. Letzteres ist für mich eher Heuchelei.
Dann möchte ich darauf hinweisen, dass erstens eine Aufarbeitung von Corona dringend geboten ist. Wir wissen, dass mit Verkündung: Es ist ein Aerosol, weder Masken noch Abstand etwas geholfen haben und der Lockdown absolut überflüssig war. Statt dessen wurden Grundrechte beschnitten. Neben der Hetze gegen Kritiker, Behinderte und Denunziationen ist auch die Panikmache zu verarbeiten. Bei mir hat das alles schwere Wunden verursacht und ich bin auf Abstand zu den Parteien, Institutionen und Gruppen gegangen, die Lockdown und Maskenpflicht, Denunziation und Hetze verhängt und befürwortet haben.
Doch auch die Basis-Partei ist für mich keine Alternative: Die haben Judenhass verbreitet mit ihrer erlogenen Behauptung, Israel würde Araber sterben lassen. Das war natürlich Unsinn, denn allein Hamas und die „Autonomie Behörden“ waren dafür verantwortlich. In dem Zusammenhang haben sich viele gegenseitig des Antisemitismus beschuldigt. Und ja, es gibt nach meiner Einschätzung mittlerweile 50 prozent Judenhass in Deutschland.
Die einen wollten mich nach Madagaskar schicken, andere haben mich angegriffen und zusätzlich verhetzt. Die anderen haben den gelben Stern getragen. Widerlich finde ich beides. Auch das muss aufgearbeitet werden. Denn letztlich wurde ich wie eine Aussätzige behandelt.
Als Allergikerin halte ich mich von unerprobten Impfstoffen fern obgleich ich Impfungen grundsätzlich befürworte und wichtig finde. Hier müssen die Korruptionsaffären um Biontech aufgearbeitet werden. Und natürlich der Impfzwang mit einem unerprobten DNA Impfstoff. Wissenschaft heißt, sich irren zu können. Für die Cholera hat es nach Aufhebung des Oder-Cordons etwa 70 Jahre gebraucht, bis Hygiene als bester Schutz und ein antikes Rezept: Linsenwasser anerkannt wurden.
Totimpfstoffe sind immer akzeptabel, wurden aber erst zugelassen, als klar war, dass die Pandemie praktisch vorbei war.
Auch das muss aufgearbeitet werden.
Vor allem muss klar sein, dass das größte Problem nicht etwa ein bekannter Virus, sondern das totgesparte und privatisierte, auf Maximalprofit ausgerichtete Krankenhaus- und Gesundheitssystem sind. Es muss der Munizipalsozialismus, also die Daseinsvorsorge wieder eingeführt werden und Gesundheit wie alle Menschenrechte aus der Profitmaximierung herausgenommen werden.
Und damit das funktioniert, brauchen wir eine Energiesicherheit, also ein Ende des Krieges in der Ukraine. Am zerstörten Staudamm wurden tote Soldaten der Wehrmacht gefunden – das sollte zu Denken geben. Es geht also um Frieden – auch wenn Frau Baerbock die Verantwortung weit von sich weist: Die Bundesrepublik hat Poroschenko unterstützt, die Bundesrepublik hat den Vertrag von Minsk nie einhalten wollen, sie haben den Terror auf die Zivilbevölkerung geduldet und jetzt gibt es Krieg. Dieser Krieg muss enden und die Bundesrepublik muss ihre Verantwortung übernehmen. Wir alle müssen Verantwortung übernehmen.