Ein Gedankenpotpourri zum Thema Ausgangssperre für Ungeimpfte und 3B (das Berliner Nachimpfkonzept: alle gehen zum Boostern bei Beerenwein und Bratwurst ins Seniorenheim nebenan). Dazu einige philisophische Überlegungen von Giorgio Agamben über Sprache und Freundschaft, vorgeschlagen von unserer Freundin und AKTION-Autorin Hanna Mittelstädt.
Hocken wir – sinnbildlich gefragt – strampelnd auf einem Mini-Fahrrad im Kinderkarussell, das sich ohne unser Zutun immer schneller dreht? Oder sitzen wir schon auf dem rasenden Teufelsrad ?
Bevor es mit der Beantwortung dieser Frage losgeht, hier noch eine wichtige Information zum Thema Einfallsreichtum: der Playboy wählt zum zweiten Mal in Folge Herrn Drosten zum „Mann des Jahres“.
Du gehorchst, damit es aufhört. Aber solange du gehorchst, wird es nie aufhören.
Transparent auf einer Demo gegen den europäischen Impfpass in Italien
Rummelplatz
Fahrgeschäfte auf Jahrmärkten haben mich schon immer magisch angezogen. Ich bin aber selber nie eingestiegen. Andere zu beobachten hat mir gereicht. Vielleicht hatte ich Angst, nicht mehr rechtzeitig aussteigen zu können? Oder es gab ein traumatisches Erlebnis auf dem Kinderkarussell? Ich sass auf einem Karussellfahrrad und strampelte. Wie jedes Kind glaubte ich, das Tempo des Karussells hinge davon ab, wie stark ich in die Pedale trete. Als es mir zu schnell wurde, hörte ich auf. Das Tempo nahm trotzdem zu. Ich trat rückwärts. Bremste. Trotzdem: Schneller schneller! Ich schrie, zappelte, wollte absteigen, aber alle brüllten mich an: bleib im Sattel!
Ein Albtraum, für den meine Eltern Geld bezahlt hatten.
Fünfzig Jahre später. Ein Freund hat mir ein Klapprad geschenkt. Meine Knie passen nur unter den Lenker, wenn ich die Sattelstütze so hoch ausfahre, dass ich mir wieder wie auf dem Kinderkarussell vorkomme. Ich quäle mich gegen den Wind einen Damm entlang. Nach einer Stunde gebe ich auf und wende. Mit Rückenwind muss ich nicht einmal mehr treten. Die Fahrt geht immer zügiger voran. Der Kanal neben mir nimmt ebenfalls Fahrt auf. Schäumt über. Es kommen Böen mit Orkanstärke. Ich fliege voran, kriege wieder die alte Angst. Zum Glück, schießt es mir durch den Kopf, während ich fast schwerelos auf dem Klapprad dahinfliege, sind Rausch, Rummel und Volksbelustigung heutzutage eh verboten. Jedenfalls für Leute ohne Impfpass, Green Pass, Pass Sanitaire. Booster, Booster und noch ein Booster. Hohe Viruslast und Du bist schuld! Ich? Nein! Wer? Du? Doch ich. Ja, ich selbst. Aber was habe ich denn gemacht? Ist doch kein Karussell. Das ist ja eine Geisterbahn.
Achtung: veränderte politische Rahmensetzung!
Eingermaßen unbeschadet zu Haus angelangt, erhalte ich eine Email, die sich liest, als stamme sie direkt aus dem Antriebszentrum des Kinderkarussells.
Ich zitiere aus der Email und ihrem PDF Anhang („Pressemitteilung des brandenburgischen Regierungssprechers Florian Engels zu Ergebnissen der Kabinettssitzung vom 23.11.2021“) nur die auffälligen Keywords – neben den Fragezeichen und assoziierten Worten, die beim Lesen in meinem Kopf entstanden.
Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer in Brandenburg, Betreff: Informationen zur Corona-Landesverordnung Datum: 24. November 2021 13:18:40 MEZ, von der Potsdamer Industrie- und Handelskammer, dem „IHK-POT Corona“: Ausgangsperre für Ungeimpfte, Auswirkung auf den UNTERNEHMERISCHEN ALLTAG!? Viruslast, härtere Strafen, strengere Auflagen. Zwangsimpfung. Alle geimpft. Trotzdem: Volksfeste? Nein. Weihnachtsmarkt? Nein. Disko, Club, Festival? Nein. Bist du schon mal auf einem „Spezialmarkt“ gewesen? Nein? Egal. Geht sowieso nicht mehr. Personenobergrenze. Einschränkung. Auslastung. Absage. Lohnfortzahlung? Nein. Kündigung. Ja! Körpernahe Dienstleistung? Nein! Aber was ist das denn nun wieder? Egal, sowieso kein Zutritt zu den jeweiligen Angeboten. Verordnung, Verordnung zur Eindämmung, Verordnung. Nur ungeimpfte Jäger sind ausgeschlossen von der Beschränkung. Ehrlich? Ja, so steht es dort! Ich schwöre. 3G, 2G, 2G-Plus-Regel, nein 3 G! 3G-Nachweise vor Betreten der Arbeitsstätte. Ausweitung, Ausweitung. Verpflichtet! Bei Nichtbefolgen Strafe. Vor dem ersten Luftholen: Berechtigung nachweisen! Erfasst, gültig, dokumentiert. Dynamische pandemische Entwicklung. Homeoffice, besser zu Hause bleiben, Rechte und Pflichten, Mut, verhindert, Hotline. Informieren Sie sich! Achtung: zeitweilig verzögert sich der Verbindungsaufbau aufgrund starker Frequentierung. Achtung: veränderte politische Rahmensetzung! Verschärft. Tägliche Überprüfung. Es drohen hohe Bußgelder.
Teststatus, Genesenenstatus, Sperre, Kontrolle, Absage, Konfliktmanagement, Verordnung.
Es saust nur so um uns herum: Überbrückungshilfe III Plus ist über Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und gelistete Rechtsanwälte zu beantragen. Ein Antrag auf Neustarthilfe Plus ist… am Ende, Enddatum, am Ende unnötig, denn das Ende ist da …ein Gelächter von fern, vom anderen Ende des Universums.
Trotz aller Einschränkungen möchte ich Ihnen auch mit Blick auf das kommende Jahr Mut zusprechen – die IHK Potsdam steht weiter an Ihrer Seite. Mit freundlichen Grüßen, Ihr Peter Heydenbluth, Präsident Industrie- und Handelskammer Potsdam.
Meine Beine fangen an, wie lösgelöst von mir Radelbewegungen auszuführen, während ich den Text der Handelskammer lese. Aber rückwärts. Das ist fatal. Das geschenkte Klapprad hat dort, wo ich die Rücktrittbremse vermute, eine automatische Gangschaltung, die beim Rücktreten einen Gang höher schaltet.
Ich rase voran, wo ich bremsen wollte. Alles passiert scheints unabhängig von meinem Verhalten. Ich spüre: bald, unter der neuen „Fortschrittsregierung“, wird alles noch viel härter.
Nun kapiere ich endlich, was das Gefühl, wieder auf dem Kinderkarussell zu sitzen, mir sagen wollte:
ich komme „voran“ ohne mein Zutun. Aber wohin?
Im Schnellverfahren verändere ich mich vom moderaten, demokratischen Kapitalismuskritiker zu einem angeblich radikalen Fortschrittsskeptiker, ohne dass ich das Geringste an meinem Verhalten geändert hätte.
Die Gegenwart wird mir zum Teufelsrad.
Auf dem Kinderkarussell „konsumierst“ du positive und negative Erlebnisse: blitzhafte Eindrücke, schattenhäfte Sturz-Ängste, Fetzen eines größeren Zusammenhang, der schon vorüberhuscht, wenn du glaubst, ihn kurz als Schemen aufleuchten zu sehen. Eben war „die Logik“ noch scharf, jetzt schon verwischt.
Die Fähigkeit zu sortieren, konsistente Gedanken zu formulieren, zusammenhängende Texte zu schreiben, die andere Leute als schlußrichtig verstehen können, vom Gedankenbruchstück zur Lösung zu gelangen, geht dir auf diesem „reality“-Kinderkarussell verloren.
Was tun?
Ich versuche dennoch, einige der Fetzen zum Bild zu fügen … es wird schwer, dem zu folgen, aber jeder Fetzen für sich enthält eine kleine Wahrheit, ist Teil des Puzzles, das ohne ihn nicht vollständig wird.
Der Übermut der Nachtwächter
Was mache ich nun mit diesem Dokument zur neuen Dimension des Zuhausebleibens?
Ich will mich ja gern an die Eindämmungsverordnung halten. Aber ich muss einfach zwischendurch mal raus. Mich bewegen. Im Namen meiner Gesundheit.
Ich bin verzweifelt. Der Übermut der Nachtwächter, die mich um 22 Uhr – solange ich keinen Jagdschein vorweisen kann – ins Bettchen schicken – er nutzt uns nichts.
Die ganze Impferei hat unsere Krankenhäuser mal wieder an ihre schon sagenumwoben niedrige Belastungsgrenze gebracht … ach, hätten wir doch nicht so viele Betten abgebaut, Intensivbetten. Nein, stimmt ja gar nicht, es sind die bösen Zwangsimpfungsverweigerer, die jetzt morgen früh vor dem Morgengrauen laut Herrn Spahn von der Bundespolizei abgeholt und im CSG (Club der sadistischen Genesenen) mal ordentlich durchgeimpft werden …
Jens Spahn im Wortlaut: „Ich habe das Bild schon vor Augen, wie wir Sahra Wagenknecht dann mit der Landespolizei zum Impfen schleppen.“
Wir schleppen, aber Spahn schleppt nicht mit. Denn: Er fände das absurd, ergänzt er nach dem Zitat.
Körperlicher Zwang? Nein, nicht doch in einer Demokratie, die sich den lästigen Aufwand der körperlichen Peinigung durch strukturelle Gewalt (Ordnungsstrafen) ersparen kann.
Spahn versäumt aber auch nicht, das Bild schon mal an die Wand zu projizieren, für das dann Scholz, der Mann ohne „Beisshemmung“ gegenüber Kriminellen (=Impfverweigerern), die gesetzliche Grundlage schaffen wird.
Ist das gesponnen oder steht das vor der Tür?
Leider ist es ja so, dass man bei negativen Prognosen ungern recht behält, so dass ich darauf keinesweges stolz bin, aber.
Unser Freund, der mich Anfang 2020, als ich das alles kommen sah, belehrte, dass in einem Land, das Wildbrücken baut, niemals ein Impfzwang kommt, kann sich jetzt schon mal einen Presslufthammer beim Baugerätefachhandel ausleihen, um die Wildbrücken abzureißen – um damit den Widerspruch aufzulösen, den er mit seinem Gottvertrauen in „unsere“ Politiker erzeugt hat.
Totale Soziale Tatsachen
Bald wird es so sein, wie auf diesem Bild:
Du gehorchst, damit es aufhört, aber solange du gehorchst, wird es nie aufhören.
Auf der Website il rovescio, von der auch das Foto stammt, heisst es weiter: „In Anlehnung an einen Begriff von Marcel Mauss können wir den Covid-19-Notstand als eine totale soziale Tatsache definieren. Sie brachte all das an die Oberfläche – sowohl in der Gesellschaft als auch in den „Bewegungen“ -, was bereits vorhanden war, aber nicht gesehen werden konnte. Sich mit dieser totalen sozialen Tatsache nur bruchstückhaft auseinanderzusetzen, die sichereren und weniger problematischen theoretischen und praktischen Wege zu beschreiten, hat zu katastrophalen Folgen geführt und wird es auch weiterhin tun.“
Was war „unter“ der Oberfläche los?
Das Liebesleben der Hyänen
Die Nachwendezeit (soll heißen: das globale Ende der großen ideologischen Widersprüche zwischen Kommunismus und Kapitalismus 1990) hat uns eine gewaltige Errungenschaft der Vorwendezeit urbar gemacht. Die (digitale) Technologie, die vor dem Kollaps des Kommunismus das „Gleichgewicht der Schrecken“ gewährleisten sollte, war nun frei verfügbar für zwei ganz große Projekte, die seit dem Ende des 1. Weltkrieges unablässig verfolgte Wunschprojekte der „Fortschrittsregierungen“ waren:
– jede Person weltweit ist ins selbe System eingegliedert und somit persönlich haftbar zu machen. Dieses Projekt hat in Clintons „30 seconds“-Idee (jedermann weltweit innerhalb von 30 Sekunden aufspüren und wenn nötig neutralisieren) ihren Höhepunkt gefunden. Der Dronenkrieg hat dieser Vision die technische Machbarkeit nachgeliefert.
Erinnern Sie sich an die 3F-Strategie? find fix finish (finden fixieren den finalen Stoß verpassen)
Sie ist gut brauchbar heutzutage.
– jede Person weltweit soll mit demselben System einkaufen und bezahlen und zwar alles, was er zum Leben braucht.
Damit ist die nationale Identität von Geld (Währung) und jeder damit verbundene Spielraum endgültig aufgehoben. Was vorher Werte waren (Rücklagen, Besicherungen, vertrauenswürdigen Festlegungen) ist nun gegenstandslos. Geld kann jetzt jede physische Form aufgeben, da diese nichts Individuelles/Politisches mehr „transportiert“: man legt die dem Geldsystem Unterworfenen (=uns alle) damit auf eine einheitliche Inanspruchnahme durch den Gewinner im Ideologie-Wettbewerb (jetzt: Plattformkapitalismus = digitalen Finanzkapitalismus) fest.
Zu diesem Gedanken passt ein Text, den ich kürzlich zufällig wiedergelesen habe. Seinen Ekel vor der Heuchelei der Sieger des Kalten Krieges hat dereinst Heiner Müller in seiner Einleitung zu „Was von den Träumen blieb“, erschienen 1993 bei Wolf Jobst Siedler Verlag GmbH Berlin, auf den Punkt gebracht.
„Ein Kadaver kann dem Obduktionsbefund nicht widersprechen. Der historische Blick auf (den Kommunismus) ist von einer moralischen Sichtblende verstellt, die gebraucht wird, um Lücken in der eigenen moralischen Totalität zuschließen. Die Funktion der Medien in diesem Verdrängungsprozess bestimmt sich aus dem Systemzwang, die Probleme der Zentren an die Peripherie zu delegieren: der Rand wird „Zone“, das Problem wird eine „Nachricht“. …
(Mir) stellt sich die Frage, ob nicht alle Gesellschaftsentwürfe der Neuzeit mehr oder weniger gelungene Versuche sind, die Schrecken der Ausbeutung im Interesse einer Minderheit an eine Mehrheit zu delegieren oder im Namen einer Mehrheit an diverse Minderheiten, der Faschismus ein Laborversuch, der Stalinismus ein Vorauskommando auf dem Weg in die kapitalistische Zukunft. …
Auf den toten Gegner kann man jedes Feindbild projizieren, das vom Blick in den Spiegel abhält.“
Der Text mit dem schönen Titel „Das Liebesleben der Hyänen“ (übrigens ein Zitat aus der ZEIT, die diesen Tiervergleich laut Müller nur benutzt, um den „Gegner in die Zone der Vernichtung“ zu verweisen) liest sich doppelt hellsichtig, wenn man dieser Tage immer wieder vom ehemaligen „Osten“ als der Hauptproblemzone im Eindämmungs-Krieg hört. Dresden, Thüringen etc., das ist quasi schon synonym mit Viruslast, Impfverweigerung, allgemein gesprochen identisch mit Verantwortungslosigkeit, AfD, PEGIDA, gleichbedeutend mit allem, was die Regierung nicht haben möchte.
K wie Kampagne, Kontrolle, Kapitalismus, Koronavirüs
Wir leben in interessanten Zeiten.
Wer hätte je gedacht, dass Plagen stärker sein würden als unsere für unfehlbar gehaltene Technologie der Gesundheit und des Sozialwesens? Oder war es gar nicht die Technologie der Gesundheit und des Sozialwesens, die fehl ging?
Giorgio Agamben sagte kürzlich auf der Website „Illwill“ (Das Übelwollen):
„Es geht nicht um den Impfstoff, sondern um den politischen Gebrauch des Impfpasses.“
„Der Mensch kann nicht leben, wenn er sich keine Gründe und Rechtfertigungen für sein Leben gibt, die in jedem Zeitalter die Form von Religionen, Mythen, politischen Überzeugungen, Philosophien und Idealen aller Art angenommen haben. Es scheint, dass diese Rechtfertigungen heute zumindest für die reichsten und am stärksten technologisierten Teile der Menschheit verschwunden sind, so dass die Menschen vielleicht zum ersten Mal mit ihrem reinen biologischen Überleben konfrontiert werden, das sie offenbar nicht akzeptieren können.
Nur so lässt sich erklären, warum sie, anstatt sich auf das einfache und liebenswürdige Zusammenleben einzulassen, das Bedürfnis verspüren, einen unerbittlichen sanitären Terror zu errichten, in dem das Leben ohne jede ideale Rechtfertigung bedroht und in jedem Augenblick mit Krankheit und Tod bestraft wird. So wie es keinen Sinn macht, die Freiheit im Namen der Freiheit zu opfern, so ist es auch nicht möglich, im Namen des bloßen Lebens auf das zu verzichten, was das Leben lebenswert macht.“
Wer profitiert nun von dieser Reduktion auf das „nackte Leben“, das „rein biologische Überleben“?
In Drill, insbesondere im Abschnitt über kapitalistische Egoismuspflege, habe ich mich, wie ich es nun eine Woche später empfinde, nicht ausreichend genau ausgedrückt. Hier eine der vielen denkbaren und notwendigen Ergänzungen.
Es dürfte ja unbestritten sein, dass Kapitalismus heutzutage das global herrschende Gesellschafts- und Wirtschaftssystem ist. Somit unterliegt die Mehrheit der Menschheit den Verkaufskampagnen dieses Systems.
Im Kapitalismus gibt es keinen Wechsel der Kampagne. Alle Kampagnen dienen einem einzigen Ziel: Reichtum.
Ein Kampagnenziel, das Volksgesundheit heisst, existiert nicht. Aber gegen das Reichwerden mit Gesundheitsanwendungen hat der Kapitalismus nichts einzuwenden.
Insbesondere dann nicht, wenn die staatlich moderierten Konditionen, unter denen die Gesundheitsanwendungen verkauft werden, gleichzeitig Verdienstoptionen auf allen der Gesundheit benachbarten Feldern, also der allgemeinen Versorgung der Bevölkerung eröffnen. Ich spreche von Bringdiensten und Onlinehandel.
Zum Verdienen benötigt dieses System keine individuellen Konsumenten mehr. Konsumenten sind jetzt die Staaten selber, die in unmittelbaren Kontakt mit den globalisierten Konzernen treten.
Dies ist kein Phänomen, das sich auf den Gesundheitsmarkt beschränkt. Das gleiche Phänomen lässt sich ebenso bei einer der größten Industrien weltweit, der Autoindustrie, beobachten. Nicht mehr der „enduser“ soll den Wagen konsumieren, sprich kaufen. Das soll künftig der Staat tun, die Gemeinde, die Mobilität zur Verfügung stellen möchte. Mit dieser Vision hat Mercedes beispielsweise seinen autonomen Smart der Weltöffentlichkeit präsentiert.
Ähnliches auf dem noch gigantischeren Kommunikationsmarkt.
Kein Nutzer soll sein Telefon allein zum privaten Kommunizieren mit irgendwelchen für den Markt zunächst uninteressanten, für die großen Geschäfte und Plattformen des Kapitals nicht einträglichem privaten Bekannten verwenden.
Telefonieren, absolut genauso wie Strom verbrauchen, soll nachvollziehbaren, wirtschaftlich nachnutzbaren Traffic generieren. Nur damit lässt sich etwas verdienen. Deswegen ist das Telefon auch kein Gesprächsapparat für enduser, sondern ein Knoten im Netzwerk des online-Handels.
Unsere Kinder, um ein drittes Beispiel zu geben, sollen künftig nicht mehr in die Schule gehen, um sich mit Bildung aufzuladen, die womöglich noch ein kritisches Abwehrpotenzial generiert. Kinder sollen in der Schule mit dem kritikfreien Gebrauch von digitalen Zugangs- und Endstellen vertraut gemacht werden, die später wirtschaftlich ausgeschlachtet werden. Ihre Stimmen und Gesichter sollen über entsprechende Kommunikation-Softwaresysteme wie Zoom die künstliche Intelligenz trainieren – dies in einer bislang unvorstellbare Dimension und Geschwindigkeit. Diese Systeme werden dann wiederum eingesetzt, um den Umsatz zu verbessern.
Deswegen benötigt der Einzelne im Prinzip künftig keine Barschaft mehr. Mit Barschaft wäre er freier in seiner Konsumentscheidung. Auch könnte er auf den fatalen Gedanken kommen, die Barschaft zu horten, etwas anzusammeln, dass ihm eine gewisse Macht und Freiheit gibt. Dies kann durch die Abschaffung von Bargeld mühelos ausgeschlossen werden. Denn für ein zentralisiertes durchkapitalisiertes digitales System wäre es besser, er würde numerische Zuteilungen in Form von digitalem Geldersatz erhalten, dessen Einsatzzweck klar definiert ist: in seiner Verwendung festgelegt durch den Staat und die in stützenden wirtschaftlichen Einheiten.
Wir sind bereits auf dem besten Weg. Mit den Gutscheinen vom Amt kann man auch nur bestimmte Dinge einkaufen. Und damit nicht gemogelt wird, beobachten alle genau ihren Vordermann in der Schlange und halten ihn mit den Sozialpunkten im Schach.
Damit der Staat genau solche Operationen auf allen Feldern durchführen kann, muss er allerdings seine Erscheinungsformen wechseln. Als Demokratie kann er das nicht tun. Jedenfalls nicht ohne über sich selbst zu lügen.
Wie komme ich zu dieser Überzeugung? Warum erzähle ich angesichts von COVID19 etwas über Kinder und Bildung, über Autoproduktion, über Telekommunikation und was hat das alles mit Gesundheit zu tun?
Um es ganz unmissverständlich und auf die aktuelle Lage bezogen zu sagen:
Die Pharmaindustrie des konzernkapitalistischen Zeitalters wendet sich mit ihren Produkten nicht an individuelle Einzelpersonen als schutzbedürftige Konsumenten. Der Kunde der Impfung ist nicht der Bürger, der seine Gesundheit schützen will. Der Kunde ist der Staat.
Um eine der größten Errungenschaften der Menschheit, die Erfindung der Impfung, als konzernkapitalistisches Umsatzziel durchzusetzen, zerstört die aktuelle Politik eine noch wesentlich größere Erfindung der Menschheit: die Demokratie.
Wie kann nun ein einzelner Bürger, der so eine Strukturveränderung der Demokratie nicht hinnehmen möchte, aktiv werden?
Sichtbar machen
Vielleicht ist unsere Arbeit die, die Il Roviesco so beschreibt: Sichtbar machen, was nicht sichtbar ist.
Das, was nicht sichtbar ist, ist „der Schattenbereich des Gesagten, die Gewalt hinter der Entwicklung, die Kontrolle hinter der Sicherheit, die Disziplin hinter der Erziehung, die Sklaverei hinter dem Smartphone, die Einsamkeit hinter der Verbindung, der blutbefleckte Keller unter dem demokratischen Salon, die Gesten der Rebellion, die nie erzählt wurden, die Unzufriedenheit hinter dem falschen Lächeln, das dringende Bedürfnis nach Liebe hinter der Wut, die verschiedenen Klassen hinter der Gemeinschaft, der Staat hinter dem Gemeinwohl.“
Ich hätte ja von mir selbst nie gedacht, dass ich dereinst mal einen blog schreiben und „Sachen sichtbar machen“ würde, so ein mistiges Stück selbstgefälliger Veröffentlichung von bloß persönlichen Ansichten – so sah ich das vor Corona.
Dann ergab sich das blogschreiben durch meine Rückfahrt letztes Jahr im ersten Totallockdown am 16.3.2020.
Ich erinnere noch ganz genau die Situation, in der der Entschluss entstand.
Meine Freundin Janneke und ich sassen an der deutsch-französischen Grenze fest, am Rhein bei Mülhausen.
Die Brücke war zu und drüben auf der deutschen Uferstrasse patroullierte Bundespolizei – im Einsatz gegen etwas Unsichtbares, das durch Singen, Blasen und gemeinsam Essen übertragen würde. Es lauere auch auf Türklinken, Toilettendeckeln und Handybildschirmen.
Wir hatten – zum ersten Mal in unserem Leben – „kontaktlos“ eingecheckt. Jemand hatte uns einen Schlüssel hingelegt in einem desinfizierten Briefumschlag. Hohes Gruselllevel.
Ich zog mir die Vinylhandschuhe an, denn ich musste noch mal zum Auto runter – es stand vor dem Hotel auf dem Parkplatz – und irgendetwas für die Nacht rausholen. Ich drehte mich um und sah auf die Fassade des Hotels zwanzig erleuchtete Zimmer, alle Zimmer in der gleichen Ecke den Fernseher, auf allen Fernsehern Macrons Gesicht in Nahaufnahme, ein lautlos sich bewegender Mund unter zu allem entschlossenen Augenbrauen. Er verkündete den Krieg gegen das Virus. Orwell wäre mit meiner Beobachtung zufrieden gewesen.
Das Bild muss ich für alle aufbewahren, die nächstes Jahr vergessen haben, wie es Anfang 2020 war, dachte ich. Wie alle glaubte ich, der Spuk sei in wenigen Monaten vorbei. Ich sendete den Text zur Telepolis und – nach den gängigen statistischen Ermittlungsverfahren – lasen mehr als eine halbe Million Leser den Text, der eigentlich nur eine läppische Beobachtung beinhaltete – in einer, wie ich später allerdings merkte, bedeutenden Situation.
Der große Hebel war umgelegt worden.
Vielleicht spürten das all diese Leser auch.
Nun publizierte ich plötzlich dauernd irgendeine Kleinigkeit, ohne tieferen Plan und höheres Ziel, alltägliche Beobachtungen.
Vielleicht am allermeisten, um meinen Nichten, die immer wieder in den Beobachtungen vorkommen, das Entstehen einer neuen Gesellschaft ab ovo zu zeigen – denn das so etwas Einschneidendes auf dem Weg sei, das fürchtete ich gleich, nach all den Jahren der Beschäftigung mit den Strategien der Anwendung struktureller und direkter Gewalt durch Systeme (Staaten).
Heute stelle ich fest, ich schrieb diese fast zwei Jahre eigentlich nur über zwei Dinge:
Freundschaften, die an der Strukturumstellung kaputt gehen und Sprache, die kaputt geht, weil sie nur noch dazu dient, in Verordnungen Informationen über die Unterwerfungspläne ihrer Verfasser zu verbreiten.
Dadurch entstand das, was allgemein eine Lüge genannt wird von Kritikern der Maßnahmen. Sprache dient nicht mehr der Aufklärung, nicht der Findung der Wahrheit.
Ich plante sogar, dies in einem „Wörterbuch des Unrates“ kenntlich zu machen. Der Titel war natürlich an Sternbergers Wörtbuch des Unmenschen über die Sprache des Nationalsozialismus angelehnt.
Darüber habe ich nun zwei Jahre lang veröffentlicht: Sprache und Freundschaft.
Dann sehe ich beglückt: ich war nicht ganz allein damit.
Meine Freundin, die ehemalige Nautilus Verlegerin und AKTION-Autorin Hanna Mittelstädt, schreibt mir:
„In Hamburg ist jetzt alles dicht für Ungeimpfte, nur noch der Supermarkt (und die Apotheke) steht offen. Allüberall Einlass nur noch für Geimpfte (und Genesene).
Keine Kultur, kein Lokal (nicht mal draußen, nicht mal to go), keine Bibliothek, keine Ausstellung, kein Laden. Test für jede Bus- oder Bahnfahrt.
„Wir werden sie austrocknen, die Luft muss ganz dünn werden, die müssen´s so richtig spüren, dass es nur eine Lösung gibt.“
Und das, während die Lösung bereits offenbar keine Lösung ist. Die Impfung gibt Schutz für maximal 6 Monate, danach bitte nachspritzen. Die Geimpften können sich infizieren wie die Ungeimpften, sie übertragen das Virus ebenfalls. Die Hospitalisierungsrate unter den Geimpften ist in etwa gleich wie die der Ungeimpften.
50 % der Inzidenzen sind Kinder bis 14 Jahre, die sich regelmäßig in der Schule testen müssen, und die die Krankenhäuser nicht belasten.
4000 Intensivbetten wurden seit Ausbruch der Corona-Krise wg. Personalmangel geschlossen. Gäbe es die noch, gäbe es überhaupt kein „Hospitalisierungsproblem“.
Die Lohnerhöhung des Verdi-Abschlusses für Pflegekräfte liegt unter der Inflationsrate, Verbesserungen der Arbeitssituation werden nicht umgesetzt.
Warum diese Ausgrenzung, dieser absurde Diskurs, diese heißgelaufene Rechthaberei? Dieser enggeführte Tunnelblick?
Ich kann nur sagen: „I would prefer not to“ und meine abgrundtiefe Verachtung für diesen Staat und seine Verteidiger*Innen bestätigen.“
Zum Schluß Ihres Briefes zitiert sie aus einer aktuellen Rede von Giorgio Agamben:
„Was ist also in einer solchen Situation zu tun?
Auf individueller Ebene sollte man natürlich zunächst einmal das, was man immer versucht hat, gut zu machen, auch wenn es keinen Grund dafür zu geben scheint, umso mehr tun.
Aber das ist natürlich nicht genug. Ich habe an die Überlegungen gedacht, die Hannah Arendt 1943 angestellt hat, denken Sie an das, was sie durchgemacht hat, noch schlimmer als das, was wir durchmachen: Sie sagte, sie frage sich, inwieweit wir der Welt verpflichtet sind, auch wenn diese Welt – wie in ihrem Fall, da sie Jüdin war – uns ausschließt; oder auch wenn wir selbst gezwungen sind, uns zurückzuziehen – und sie bezog sich auf diejenigen, die während des Nationalsozialismus in einem Zustand lebten, den man innere Emigration nannte – unter anderem kann es sein, dass wir gezwungen sein werden, in einem Zustand der inneren Emigration oder des Klosters zu leben. Aber hier sagte sie: Vielleicht sind wir noch etwas schuldig, wir sind noch etwas schuldig, und deshalb hat Hannah Arendt in diesem Text merkwürdigerweise – aber ich denke, das ist wichtig – die Freundschaft als ein mögliches Prinzip der Wiederherstellung einer Gesellschaft in der Gesellschaft, einer Gemeinschaft im Staat genannt.
Ich glaube, dass es angesichts der zunehmenden Entpolitisierung der Individuen – denn wir sind heute Zeugen eines Prozesses der Entpolitisierung des individuellen Lebens, das ist offensichtlich – wichtig wäre, in der Freundschaft das Prinzip einer neuen Politik, einer neuen Politisierung zu finden.
…
Bevor die Menschen in einem Land oder in einem Staat lebten, hatten sie ihre Lebensgrundlage in einer Sprache, und ich glaube, nur wenn wir in der Lage sind zu untersuchen und zu verstehen, wie diese Lebensgrundlage manipuliert und umgewandelt wurde, werden wir in der Lage sein zu verstehen, wie die politischen und juristischen Veränderungen, von denen wir gesprochen haben, stattfinden könnten. Das heißt, die Hypothese, die ich vorschlagen möchte, ist, dass die Transformation der Beziehung zur Sprache die Bedingung für alle anderen Transformationen der Gesellschaft ist.
Wir sind uns dessen nicht bewusst, denn wenn man darüber nachdenkt, ist die Sprache dieses seltsame Ding, das in dem verborgen bleibt, was wir benennen, um es zu verstehen; tatsächlich können wir nur sprechen, wenn wir dieser Sprache Aufmerksamkeit schenken.
Ich glaube jedoch, dass es kein Zufall ist, dass der große Wandel, der sich mit der industriellen Revolution in England und der politischen Revolution in Frankreich vollzog, in gewisser Weise von einer Reflexion über die Problematisierung der Vernunft, d.h. dessen, was den Menschen als sprechendes Tier definiert, begleitet wurde, wenn nicht sogar vorausging. Ratio kommt von dem Verb reor, das zählen, rechnen bedeutet, aber auch sprechen, aber verstanden im Sinne von redde rationem, Rechenschaft ablegen, und daher fällt dieser Traum von der modernen Vernunft mit einer Art Rationalisierung der Beziehung zur Sprache zusammen, einer Umwandlung der Sprache, die es ermöglicht, Rechenschaft abzulegen und nicht nur die Natur, sondern vor allem das Leben der Menschen ganzheitlich zu regeln.
Und was ist das, was wir Wissenschaft nennen, wenn nicht eine Praxis der Sprache, die dazu tendiert, im Sprecher jede ethische, poetische und philosophische Erfahrung des Wortes zu eliminieren, um die Sprache in ein Instrument des Informationsaustausches zu verwandeln und, an der Grenze, etwas, auf das man verzichten kann – es ist klar, dass das Ideal der Wissenschaft darin bestünde, auf die Sprache verzichten zu können, sie durch Zahlen, Algorithmen zu ersetzen.
Warum kann uns die Wissenschaft niemals glücklich machen? Weil die Wissenschaft im Grunde davon ausgeht, dass der Mensch ein biologischer Körper ist, der dazu neigt, dumm zu sein: Das Wort ist in Klammern gesetzt. Hier ist die Frage, die ich stellen wollte: Welche Veränderung müssen wir uns in der Beziehung zur Sprache vorstellen, damit das, was geschieht, stattfinden kann? Das Außergewöhnlichste an dem, was wir erleben, ist, dass eine Lüge heute offensichtlich ist, die Lüge ist offenkundig, das heißt, wir müssen nicht nachdenken, um zu verstehen, alles, was geschieht, ist offensichtlich, und doch scheinen die Menschen die Fähigkeit verloren zu haben, in ihrem Denken, in ihrem Sprechen Wahrheit von Lüge zu unterscheiden.
Wenn heute Ärzte, Juristen, Wissenschaftler einen Diskurs akzeptieren, der völlig auf die Idee einer Frage nach der Wahrheit verzichtet (natürlich sind viele dafür bezahlt worden, das ist in Ordnung, aber wenn wir nicht diejenigen meinen, die dafür bezahlt wurden) – dann haben sie offensichtlich in ihrer Sprache die Fähigkeit zu denken verloren, das heißt, in der Schwebe zu halten (Sie wissen, das Denken von pendere, in der Schwebe halten, kommt), sie können nur noch rechnen oder wiederholen.
In dem Meisterwerk der Ethik des 20. Jahrhunderts, Hannah Arendts Buch über Eichmann, stellte Arendt fest, falls Sie es gelesen haben, dass Eichmann ein vollkommen rationaler, rationalisierender Mensch war, nicht einmal ein schlechter, sondern ein vollkommen rationaler Mensch, und dass er daher in der Lage war, durch seine Vernunft die komplexe Operation des Transports der Juden in die Lager zu organisieren. Aber was fehlte diesem Mann dann? Ihm fehlte die Fähigkeit zu denken, aber nicht im Sinne von Theorien aufstellen, nein, Denken ist in erster Linie die Fähigkeit, den Fluss des Diskurses zu unterbrechen. Eichmann konnte den Fluss des Diskurses, der Befehle nicht unterbrechen, also hatte er etwas im Kopf, das er nur befolgen konnte, das er niemals in der Schwebe halten konnte, denken. Die erste Aufgabe, vor der wir stehen, besteht also darin, ein federndes, d.h. ein poetisches und denkendes Verhältnis zu unserer Sprache zu finden. Nur so können wir aus dieser Sackgasse herauskommen, die meiner Meinung nach wahrscheinlich zum Aussterben – wenn nicht physisch, so doch zumindest ethisch und politisch – der Menschheit führen könnte.“
Soweit das Zitat von Agamben. Was helfen uns seine Worte?
Die Regierenden informieren uns unablässig über ihre täglich „veränderte politische Rahmensetzung“: heute dicht, morgen zu, übermorgen nicht mehr nachts rausgegehen.
Es ist ein Dauerfeuer, auf das wir alle mit Angst reagieren.
Dreht das Kinderkarussell etwa nicht weiter… rast nicht die Wirklichkeit, unbeeindruckt von einem philosophischen Wort, um uns herum – an uns vorbei?
Wir müssten die Notbremse ziehen. Aber die Regierung hat sie vorsorglich demontiert.
Abspringen?
Geht leider nur bei voller Fahrt.
Es ist aber alternativlos.
Verlasst das Karussel, bevor es zu spät ist. Ehe es zu schnell dreht, um noch ohne den größten Schaden abzukommen.
Der größte denkbare Schaden: Verlust von Sprache und Freundschaft.
Handelt jetzt!
Abspringen klingt gut.
Wohin?
Ich sehe keine guten Orte mehr.
Wo finde ich Freundschaft?
Lebensgemeinschaft?
Wer kann mich alte Frau noch brauchen?
Ratlos …
Dieser blog ist toll, absolut bereichernd, in die Weite führend …
danke
„Abspringen: wohin?“ Wie schon seit 1977 (Punk): vielleicht am besten in die gesellschaftliche Nische!? Es gibt ein schönes Bild, das Harun Farocki gern benutzt hat: die großen Felder der industriellen Landwirtschaft können nur mit großen Maschinen gemäht und gedroschen werden. Große Maschinen sind teuer. Jede Arbeitststunde kostet enorm. Also mäht man im Radius, den die breiten Maschinen schnell fahren können – und lässt dabei notwendig Dreiecke mit runden Kanten am Feld-Ende stehen. Diese Ecken, die für große Wirtschaftsbetriebe unrentabel sind, bieten genügend Platz für die kleine Gruppe der nicht-Anpassungswilligen. Sie bieten Sichtschutz für die Vorbereitung unerwünschter Operationen, sie sind Nahrungsgrundlage, somit ideales Rückzugsgelände für die Guerilla – ganz nah am Herz der Bestie, das hinten, wenn die Maschine gewendet hat, völlig ungeschützt ist. Na ja, vielleicht alles poetischer Quatsch? Aber woher soll unsereins, marginalisiert wie wir schon immer waren, denn seine Hoffnung sonst beziehen? Doch nur aus der Möglichkeit, abzuspringen.
Wunderbar zu lesen in dieser dunklen Zeit, Weitblick, Durchblick und positiver Ausblick, gepaart mit Humor und unglaublicher Schreibweise. Manchal weitschweifig, aber das Thema verfolgend. Danke auch für den Beitrag „Drill“. Habe ihn schon weitergereicht. Weiter so!
Herzliche Grüße von Winfried.